Strecken-Check: Vorschau auf den Giro d’Italia 2024

17.10.2023
Die Strecken-Karte des Giro d'Italia 2024

Als erste Grand Tours des Jahres 2024 wurde die Strecke des Giro d‘Italia bereits Anfang Oktober 2023 präsentiert. In 21 Etappen führt die Italien-Rundfahrt vom 4. bis 26. Mai 2024 von Venaria Reale im Piemont nach Rom.

In nackten Zahlen hat der 107. Giro d‘Italia folgendes zu bieten: Sechs Flachetappen, zwei Zeitfahren über insgesamt 68,2 Kilometer, sechs Bergetappen, mit insgesamt vier Ankünften am Gipfel sowie sieben hügelige Tagesabschnitte. Summiert ergibt das nach jetzigem Stand 3.321,2 Kilometer, auf denen die Fahrer 42.900 Höhenmeter überwinden müssen. Im Vergleich weniger als noch 2023.

Die Highlights der Corsa Rosa sind natürlich die Teilabschnitte in den Bergen. Die erste Bergankunft wartet bereits an Tag zwei im Piemont auf die Fahrer. Die Etappen der letzten Woche mit der Cima Coppi am Stilfser Joch auf 2758 Metern und dem „doppelten“ Monte Grappa lassen den Giro zum Ende erneut extrem hart werden.

Ebenfalls beinhaltet der Kurs erneut eine Hommage an die Strade Bianche. Auf Etappe sechs sind Schotterabschnitte der weißen Straßen der Toskana integriert.

Der Parcours ist grundsätzlich ausgewogen. Einzig mehrere Klassikeretappe mit stark welligem Terrain, auf dem sich die Puncheure wohlfühlen, fehlen in der Streckenführung. Hier sticht nur die 12. Etappe von Martinsicuro nach Fano heraus, die in der zweiten Hälfte sehr wellig ist, aber für Sprinter mit gutem Bein nicht zwingend ein Hindernis darstellen muss.

Die Anzahl bei den hügeligen Abschnitten täuscht ein wenig über die Schwere der Etappe hinweg. Auf den Tagesabschnitten 4, 5 und 11 liegen die Höchstschwierigkeiten beispielsweise weit vor dem Ziel, was den Sprintern und ihren Teams entgegenkommt.

Das Höhenprofil des Giro d'Italia 2024

Die erste Woche

Auch in 2024 wird kein Sprinter zum Auftakt das Rosa Trikot überstreifen. Denn die erste Etappe ist viel zu anspruchsvoll für die endschnellen und explosiven Männern. Selbst Puncheure könnten hier ins Hintertreffen geraten, wenn die GC-Fahrer und ihre Teams ernst machen. Als Appetizer führt der Parcours bei Rennkilometer 80 über die Superga, ehe knapp 20 Kilometer vor Ziel in Turin mit der Colle della Madonna ein Kategorie-2-Anstieg im Weg steht.

An Tag zwei im Piemont geht es – wie beschrieben – hinauf zur ersten Bergankunft. Knapp 12 Kilometer führt das Finale hoch zur Santuario di Oropa. Auf Etappe drei und vier sind dann die Sprinter am Zug. An Tag fünf entscheidet die Intensität am letzten Anstieg des Tages (Kategorie 4), 19 Kilometer vor dem Ziel, ob es ebenfalls zu einem Massensprint kommt.

Auf Etappe sechs freuen oder fürchten sich die Fahrer. Einige der Klassikerfahrer werden sich den Tag rot im Kalender anstreichen, um Jagd auf den Etappensieg zu machen. Denn es geht auf die „Strade Bianche“ – die weißen Straßen der Toskana. 11,6 Kilometer Schotter – verteilt auf drei Sektoren – zwischen Viareggio und Rapolano Terme können aber auch bei einen Defekt oder Sturz die Ambitionen auf den Sieg in der Gesamtwertung auch zunichte machen.

Das Profil der 6. Etappe des Giro d'Italia 2024

Danach folgt ein langes Zeitfahren über 37,2 Kilometer von Foligno nach Perrugia inklusive einem Kategorie-4-Anstieg zum Ziel. Zu tief dürfen hier die GC-Fahrer allerdings nicht gehen, denn am nächsten Tag folgt die zweite Bergankunft dieser Italien-Rundfahrt.

Tagesabschnitt acht endet nach 153 Kilometern in Prati di Tivo. Der Schlussanstieg mit einer Länge von 14,6 Kilometern und 7 Prozent Durchschnittssteigung war schon häufiger Schauplatz bei Tirreno-Adriatico. Veranstalter RCS vergibt für diesen Tagesabschnitt die Höchstschwierigkeit von fünf Sternen.

Prati di Tivo: der Finalanstieg der 8. Etappe des Giro d'Italia 2024

Zum Schluss der ersten Woche müssen die Fahrer noch „Länge machen“.  Über 206 Kilometer führt die zweitlängste Etappe dieses Giro von Avezzano nach Neapel und dürfte eine Angelegenheit für die Sprinter werden.

Die zweite Woche

Nach dem Ruhetag sind die Bergfahrer dran: Vom historischen Pompeji führt Tagesabschnitt 9 über den Camposauro (Kategorie 2), ehe der Schlussanstieg mit einer Länge von 17,9 Kilometern und Ramen von über zehn Prozent hoch zur Bocca della Selva führt.

Einen Tag später werden die Sprinter ihre Chancen auf dem 203 Kilometer langen Abschnitt von Foiano di val Fortore nach Francavilla al Mare suchen. Auf der 12. Etappe könnte das wellige Terrain der Marken in den letzten zwei Dritteln der Etappe die Chancen der Sprinter auf eine Massenankunft zunichte machen. Diese ist dafür einen Tag später auf dem tellerflachen Abschnitt von Riccione nach Cento höchstwahrscheinlich.

Das Wochenende hat es dagegen wieder in sich. Zuerst am Samstag mit dem zweiten Kampf gegen die Uhr bei dieser Italien-Rundfahrt. Über 31 Kilometer führt das Einzelzeitfahren von Castiglione delle Stiviere nach Desenzano del Garda.

Am Sonntag folgt die längste Etappe des Giros – mit 220 Kilometern. Allerdings ist nicht die Länge die einzige Herausforderung. Die Streckenführung vom Gardasee in die Alpen hat es in sich. 5200 Höhenmeter müssen zwischen Manerba del Garda und Livigno (Mottolino) erklommen werden. Besonderes Highlights sind der Mortirolo gefolgt vom Anstieg nach Mottolino. Dieser führt entlang einer Skipiste mit Abschnitten von bis zu 18 Prozent.

Die dritte Woche

Nach dem Ruhetag in Livigno führt die 16. Etappe über den höchsten Punt der Italien-Rundfahrt 2024. Die Cimpa Coppi ist das Stilfser Joch mit 2758 Metern. Der Stelvio wird allerdings früh in der Etappe bei Rennkilometer 53,4 erreicht. Danach bleibt Zeit zum Erholen, ehe es in den zweigeteilten Schlussanstieg nach Sankt Christina geht.

Zuerst der 23,4 Kilometer lange Aufstieg zum Panidersattel, ehe nach einer kurzen Abfahrt das Finale am Monte Pana eingeläutet wird. Die letzten zwei Kilometer sind hier mehr als zehn Prozent steil. Am Ende dieses Tages haben die Fahrer 4400 Höhenmeter erklommen und 202 Kilometer zurückgelegt.

Stilser Joch: Cima Coppi des Giro d'Italia 2024

Die Dolomiten sind auch Schauplatz der folgenden Etappe. Tagesabschnitt 17 ist eine kurze, aber schwere Bergetappe zwischen Wolkenstein und dem Passo Brocon. Auf den 159 Kilometern führt die Strecke fast ausschließlich auf und ab. Passo Sella, Passo Rolle sowie zwei Mal der Passo Brocon stehen auf dem Menü des Tages, dieser wohl für den Giro-Gesamtsieg mitentscheidenden Etappe.

Am Tag danach sind wohl wieder die Sprinter dran – nach 166 Kilometer in Padua. Etappe 19 von Mortegliano nach Sappada ist vom Veranstalter RCS nicht als Bergetappe gekennzeichnet. Sie könnte aber durchaus für Überraschungen sorgen, denn die letzten 50 Kilometer sind durchaus anspruchsvoll mit Passo Duron sowie Cima Sappada und die Fahrer am Ende der dritten Woche müde.

Gegen diese Müdigkeit werden sie letztes Mal so richtig auf Etappe 20 ankämpfen müssen. Auf dem Abschnitt zwischen Alpago und Bassano del Grappa müssen die Profis den Monte Grappa von Semonzo aus gleich zwei Mal in Angriff nehmen – 18,1 Kilometer lang und durchschnittlich 8,1 Prozent steil ist der Kategorie-1-Anstieg. Von der zweiten Passüberfahrt sind es dann noch gut 30 Kilometer bergab bis ins Ziel.  Am Ende diese Etappe steht der Giro d’Italia-Sieger 2024 spätestes fest.

Das Profil der 20. Etappe des Giro d'Italia 2024

Wie 2023 beschließt Sprint-Etappe durch Rom den 107. Giro d‘Italia am letzten Sonntag im Mai.

Ausblick auf den Giro d’Italia 2024

Noch haben die Teams nicht entschieden, wen sie als GC-Kapitän zu welcher großen Rundfahrt schicken. Schaut man sich die Schwierigkeiten dieses Giros an, so wäre ein starker Zeitfahrer, der gut Bergauffahren kann, im Vorteil. Ein Fahrer-Typ wie der Niederländer Tom Dumoulin, Giro Sieger von 2017, einer war. Er könnte bei den beiden Einzelzeitfahren die kletterstarken GC-Konkurrenten distanzieren und dann versuchen, mit einem starken Team diese an den Anstiegen zu kontrollieren beziehungsweise nicht zu viel Zeit zu verlieren.

Denn die Schlussanstiege dieses Giros sind nicht so extrem. Der längste ist hoch zur Bocca della Selva mit einer Länge von 17,9 Kilometer aber nur 5,6 Prozent durchschnittlicher Steigung. Zudem gibt es mit dem Stelvio nur einen Hors Kategorie-Anstieg – und dieser liegt sehr weit vor dem Ziel. Und die 20. Etappe endet nicht oben auf dem Monte Grappa, sondern es gibt nach der zweiten „Passkontrolle“ eine über 30 Kilometer lange Abfahrt ins Ziel nach Bassano della Grappa.

Auch wenn bei folgender Aussage mehr der Wunsch Vater des Gedankens ist: Aber Wout van Aert in der Tour-Form von 2022 mit einem aufs Gesamtklassement angepassten Trainingsprogramm könnte hier in Richtung Rosa Trikot zumindest Akzente setzen.

Video: Vorschau auf den Giro d’Italia 2024

Im Überblick: Die 21 Etappen des Giro d’Italia 2024

1. Etappe | Venaria Reale – Turin | 136 km
2. Etappe | San Francesco Al Campo – Santuario Di Oropa | 150 km
3. Etappe | Novara – Fossano | 165 km
4. Etappe | Acqui Terme – Andora | 187 km
5. Etappe | Genua – Lucca | 176 km
6. Etappe | Viareggio – Rapolano Terme | 177 km
7. Etappe | Foligno – Perugia (EZF)| 37,2 km
8. Etappe | Spoleto – Prati Di Tivo | 153 km
9. Etappe | Avezzano – Neapel | 206 km
10. Etappe | Pompei – Cusano Mutri (Bocca della Selva) | 141 km
11. Etappe |  Foiano Di Valfortore – Francavilla Al Mare| 203 km
12. Etappe | Martinsicuro – Fano | 183 km
13. Etappe | Riccione – Cento | 179 km
14. Etappe | Castiglione Delle Stiviere – Desenzano del Garda (EZF) | 31 km
15. Etappe | Manerba Del Garda – Livigno | 220 km
16. Etappe | Livigno – St. Christina in Gröden (Monte Pana) | 202 km
17. Etappe 17 | Wolkenstein in Gröden – Passo del Brocon | 154 km
18. Etappe | Fiera Di Primiero – Padua | 166 km
19. Etappe |Mortegliano – Sappada | 154 km
20. Etappe 20 | Alpago – Bassano Del Grappa | 175 km
21. Etappe 21 | Rom – Rom | 126 km

Alle 21 Etappen sowie die Profile des Giro d’Italia auf einen Blick

Grafiken: RCS Sport
Foto: Photonews.be

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