Start Training Warum Rennradfahrer im Herbst & Winter auf einem anderen Rad trainieren sollten

Warum Rennradfahrer im Herbst & Winter auf einem anderen Rad trainieren sollten

Übersicht

Rennradfahrer, die im Winter auf ein Cyclocross-, Gravel- oder Mountainbike umsteigen, behalten ihre Kraft und Fitness und erwerben zudem eine Vielzahl leistungssteigernder Fähigkeiten.

Das Ausprobieren einer anderen Radgattung ist eine hervorragende Möglichkeit, über die Wintermonate aktiv zu bleiben und neue Fähigkeiten zu erlernen. Wer im Winter auf ein Cyclocross-, Gravel- oder Mountainbike setzt, frischt sein Training auf und wird im Frühjahr ein deutlich stärkerer, fitterer und technisch versierterer Rennradfahrer sein.

Vor allem ist das Radfahren abseits der Straße eine abwechslungsreiche und spaßige Art, im Winter fit und aktiv zu bleiben, wenn Straßenverhältnisse und schlechtes Wetter das Training erschweren. Das Fahren mit einem anderen Rad bringt zudem neue Vorteile: von besseren Fahrtechnik-Skills bis hin zu effizienterem Klettern im Sitzen.

Wer Beweise sucht, sollte einen Blick auf das Profi-Peloton werfen: Der mehrfache Flandern-Rundfahrt-Sieger Mathieu van der Poel verdankt seine Kraft und Technik seiner Cyclocross-Karriere. Und der dreifache Straßen-Weltmeister Peter Sagan schärfte seine Power und Renninstinkte im schlammigen Gelände des Mountainbikings und Cyclocross.

Unterschätzen Sie auch nicht die motivierende Kraft der Veränderung. Ein neues Rad in neuer Umgebung sorgt für einen willkommenen mentalen Frischekick und neue Selbstmotivation in den tristen Wintermonaten. Das Fahren abseits der Straße bringt Sie zudem aus Ihrer Komfortzone und stärkt Ihr Selbstvertrauen, Ihre Fähigkeiten und Ihre Anpassungsfähigkeit.

Frischen Sie Ihr Training auf und verbessern Sie Ihre Fahrtechnik, indem Sie diesen Winter eine Offroad-Disziplin ausprobieren.

Cyclocross ausprobieren

Der Erfolg von Profis mit Cyclocross-Hintergrund – darunter Ex-Straßenweltmeister Mathieu van der Poel sowie Tour-de-France-Etappensieger Tom Pidcock – spricht Bände über die Vorteile von Cyclocross für Rennradfahrer.

Cyclocross wurde ursprünglich von Straßenfahrern erfunden, die im Winter fit bleiben wollten. Schon im frühen 20. Jahrhundert nutzten Tour-de-France-Fahrer Cyclocross, um ihre Ausdauer zu erhalten, wenn die Straßen zu gefährlich waren. Bis heute ist die Disziplin ein hervorragendes Wintertraining für Rennradfahrer.

Obwohl ein Cyclocross-Rad wie ein Rennrad aussieht, unterscheidet es sich durch eine andere Geometrie: kürzerer Rahmen, höheres Tretlager. Das ermöglicht das sichere Navigieren technischer Strecken. Cyclocross-Rennen führen über Matsch, Gras, Wurzeln, Sand und andere Hindernisse auf kurzen, intensiven Runden von 1–3 Kilometern Länge, meist 30–60 Minuten.

Die besonderen Herausforderungen – von konstantem hohem Poweroutput bis zu Balance und Aufmerksamkeit – machen Cyclocross zum perfekten Wintertraining für Straßenfahrer. Das Fahren in matschigen Trails schärft Ihre Fahrtechnik. Sie werden den Unterschied merken, wenn Sie auf der Straße Hindernissen ausweichen, einem Vordermann folgen oder im Peloton fahren.

Durch die Intensität beim Cyclocrossen bleiben Ihre Herzfrequenz und Sauerstoffaufnahme länger erhöhrt als beim Straßentraining. Also ein hervorragendes aerobes Training. Sie müssen immer wieder explosiv sein – ein Vorteil, den Sie beim nächsten Straßenrennen oder Anstieg zu schätzen wissen werden.

Cyclocross lehrt zudem effizientes Klettern im Sitzen, die richtige Gangwahl und eine flüssige Trettechnik. Das Fahren auf schlammigem Untergrund verlangt präzises Timing und Kraftdosierung, was Ihre Pedaltierechnik verbessert.

Cyclocross-Räder bieten im Winter weitere Vorteile: Sie sind für Offroad ausgelegt, sodass Sie an nebligen oder dunklen Tagen abseits der Straße Abenteuer erleben können. Die längere Radstand sorgt für Stabilität, die kürzere Oberrohrlänge für Kontrolle – viele nutzen Cyclocross-Räder auch für den Winterweg zur Arbeit. Mit Schutzblechen ausgestattet, sind sie ideale Trainingsmaschinen, und dank der Reifenfreiheit müssen Sie sich weniger Sorgen um Schnee, Schmutz und Eis machen.

Gravel-Biking ausprobieren

Gravel-Bikes ähneln optisch Renn- und Cyclocross-Rädern, sind aber ganz eigene Maschinen. Sie verbinden das schlanke, aerodynamische Design eines Rennrads mit höherer Bodenfreiheit, Scheibenbremsen und breiteren Reifen. So können Sie abwechslungsreiche Strecken fahren, die Straße und Offroad kombinieren. Gravel-Bikes haben eine entspanntere Geometrie und weniger grobstolligere dafür breitere Reifen als Cyclocross-Räder, was längere Fahrten angenehmer macht.

Das macht Gravel-Bikes zur idealen Wahl für das Wintertraining. Sie können interessante Routen planen, die schnelle Straßenabschnitte und landschaftlich reizvolle Offroad-Passagen verbinden. Die Vielseitigkeit erlaubt es, die Route spontan an Wetter, Licht und Bedingungen anzupassen.

Mit dem Gravel-Bike sind lange, ruhige Winterfahrten möglich, die Ihre aerobe Ausdauer stärken. Da Gravel-Bikes mit Taschen ausgestattet werden können, eignen sie sich auch für mehrtägige Abenteuer.

Das Fahren auf losem Untergrund bringt zusätzliche Vorteile: Die ständige Balancearbeit trainiert Ihre Rumpfmuskulatur – und macht mehr Spaß als Planks und Sit-ups zu Hause. Gravel-Fahren verbessert auch Ihre Sicherheit auf der Straße, da Sie lernen, auf Bewegungen des Rads zu reagieren und mit Steigungen und Hindernissen umzugehen – Ihre Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit werden geschärft.

Sie entwickeln zudem einen flüssigeren Tretstil. Wer auf einem Gravel-Trail zu schnell lenkt, verliert den Grip. Gravel-Fahren lehrt Sie, ausgeglichen und geschmeidig zu bleiben – ein Vorteil bei nassen oder gefährlichen Straßenverhältnissen.

Nicht zu unterschätzen ist die Freude, im Winter Wälder, Trails und Wege zu erkunden. Wenn Sie drinnen festsitzen und frische Luft und neue Landschaften vermissen, eröffnet das Gravel-Bike eine ganz neue Welt. Sie können auch abends oder nachts Offroad fahren und so zusätzliche Trainingsstunden im kurzen Winter nutzen.

Mountainbiking ausprobieren

Mountainbikes gelten oft als am wenigsten zugänglich für Rennradfahrer – teils wegen des historischen „Straße versus Mountainbike“-Konflikts. Wer es gewohnt ist, auf der Straße jedem Stein auszuweichen, wird beim Mountainbiken auf technischen Trails überrascht sein. Doch wer sich traut, erlebt erstaunliche Fortschritte – wie Mountainbiker und Straßenstar Peter Sagan beweist.

Mountainbikes sind langsamer, schwerer und technischer als Cyclocross- oder Gravel-Bikes. Sie haben dickere, stabilere Reifen, Federungssysteme und eine aufrechtere Geometrie. Sie sind gebaut, um über Steine, Wurzeln und Hindernisse zu rollen und machen zuvor unzugängliche Trails im Winter zum Abenteuer-Spielplatz.

Das unebene Gelände stärkt Ihre Rumpfmuskulatur und sorgt für mehr Stabilität und Balance auf dem Rennrad. Da Mountainbiking auch die Oberkörperkraft fordert, bleiben Sie auch in aerodynamischer Rennposition stark und kontrolliert.

Die kurzen, intensiven Kraftspitzen beim Bergauffahren steigern Ihre Maximalkraft und Beinkraft – ein Training, das auf winterlichen Straßen schwer zu simulieren ist, aber für Sprints, Kurvenbeschleunigungen und das Schließen von Lücken entscheidend ist.

Die Vielfalt an Hindernissen, Hügeln und Steigungen fördert Ihre Gesamtfitness. Auf der Straße verfällt man im Winter leicht in den „Cruise-Modus“, beim Mountainbiken müssen Sie ständig Kraft dosieren und anpassen – das sorgt für wertvolle physiologische Anpassungen, die Ihnen im Rennen oder Training auf der Straße zugutekommen.

Mountainbiking lehrt zudem effiziente Gangwahl. Während Sie auf der Straße mit dem falschen Gang noch davonkommen, wird das im Gelände sofort bestraft. So werden Sie ein klügerer, fitterer und stärkerer Fahrer.

Auch Ihre Abfahrtstechnik profitiert: Viele Rennradfahrer sind beim schnellen Bergabfahren unsicher, doch Mountainbiking baut Ihr Selbstvertrauen auf. Sie lernen, vor Kurven die Gänge zu wechseln, das Tempo zu kontrollieren, sich in die Kurve zu legen und mit Schwung herauszufahren – das verbessert Ihre Reflexe und Fahrtechnik beim Abfahren auf der Straße.

Offroad-Fahren bringt zudem gesundheitliche Vorteile: Studien zeigen, dass Mountainbiker eine bessere Knochendichte haben als Straßenfahrer, da die Belastung auf schwierigem Terrain die Knochen stärkt.

Vor allem aber ist Mountainbiking ein aufregendes Abenteuer – genau das Richtige für die kalten Wintermonate. Statt das Radfahren zu meiden, weil Sie nass und dreckig werden könnten, gehört das beim Mountainbiken einfach dazu.

Text: Mark Bailey (aus dem Englischen übersetzt)