Vorschau 1. Etappe der Tour de France 2023
1. Etappe | 1. Juli | Bilbao – Bilbao | 182 km
Über 182 hügelige Kilometer durchs Baskenland führt die erste Etappe der Tour de France 2023 mit Start und Ziel in Bilbao. Zum Auftakt der 110. Frankreich-Rundfahrt müssen die Profis fünf kategorisierte Anstiege erklimmen und insgesamt 3300 Höhenmeter bewältigen, ehe der Etappensieger und der erste Träger des Gelben Trikot feststehen.
Und das wird dieses Mal kein typischer Sprinter sein – zu schwer ist die Etappe. Die Hauptschwierigkeiten liegen auf den finalen 30 Kilometern mit den Anstiegen Vivero und Pike, die für eine Zäsur im Peloton sorgen werden.
Klassiker-Etappe durchs Baskenland
Bereits 13,8 Kilometer nach dem Start gibt es die ersten Punkte für die Bergwertung zu gewinnen – an der Côte de Laukiz. Ein Kategorie-3-Anstieg, der 2,1 Kilometer lang und 6,6 Prozent im Durchschnitt steil ist. Ideal für Ausreißer, um sich abzusetzen.
Danach verläuft die Strecke für die dortigen topographischen Begebenheiten etwa fünfzig Kilometer lang relativ flach und führt an der Biskaya-Küste entlang. Nach 70 Kilometern steht mit der Côte de San Juan Gaztelugaxte die nächste Schwierigkeit auf dem Programm: 3,6 Kilometer lang und im Durchschnitt 7,7 Prozent steil.
Nach diesem Anstieg der dritten Kategorie führt die Strecke über eine Schleife im Nordosten wieder in Richtung Landesinnere. In Gerbiko-Lumo haben die Sprinter, die sich eine Chance auf Grün ausrechnen, die Möglichkeit, die einzigen Punkte des Tages zu holen. Im Ziel werden sie ja bekanntermaßen leer ausgehen.
Hinter Muxika wird dann langsam, aber sicher das Finale eingeläutet. Der Col de Morga (3,8 Kilometer bei 4,8 Prozent), der gut vierzig Kilometer vor dem Ziel liegt, macht den Auftakt. Und spätestens hier wird das Tempo im Peloton anziehen und der Rückstand zu möglichen Ausreißern schrumpfen.
Ab jetzt sind nicht nur Leistungsfähigkeit, sondern auch Positionierung entscheidend. Nur wenige Kilometer nach der Côte de Morga folgt der Aufstieg zur Côte de Vivero, dem schwersten Anstieg des Tages. Der Kategorie-zwei-Berg führt über 4,3 Kilometer mit 6,9 Prozent im Schnitt berghoch. Gut möglich, dass hier die GC-Teams schon richtig aussieben und vielleicht oben nur noch die Hälfe der ursprünglich 176 gestarteten Fahrern vorne mit dabei sind. Wer keine Helferaufgaben und kein GC-Leader ist, kann hier – gute Beine vorausgesetzt – eine Attacke zünden.
Um ihren Kapitän in der ersten Reihe zu halten, werden die GC-Teams wohl ein Höllentempo anschlagen, um die Wellen und Anstiege des Finales von vorne zu fahren. Wer schlecht positioniert ist, kann – wenn es vor ihm reißt – schnell ins Hintertreffen geraten.
Auch Puncheure werden an der Côte de Vivero tief gehen müssen, um dann am Finalanstieg noch mit vorne dabei sein zu können. Denn der 4,2 Kilometer lange Kategorie-2-Anstieg ist im Durchschnitt 7,3 Prozent steil. Er erinnert mehr an eine Ardennen- Côte als an einen flandrischen Helling. Ein Vorteil für die Bergfahrer!
Entscheidung an der Côte de Pike?
An der Côte de Pike wird dann die Etappe (vor)entschieden. Der Berg ist kurz, aber unglaublich steil. Er ist 2 Kilometer lang und weist eine durchschnittliche Steigung von 9,9 Prozent auf, allerdings wird er zur Spitze hin steiler mit Rampen von bis 20 Prozent. Die ursprünglich dort zu vergebenden Bonussekunden (8, 5 und 2) hat Tour-Veranstalter A.S.O. kurzfristig gestrichen. Man wollte kein Risiko entgehen, dass der Etappensieger nicht das Gelbe Trikot tragen würde.
Von der Spitze des letzten Anstiegs verläuft die Strecke bis rund drei Kilometer vor dem Ziel bergab – über eine technisch anspruchsvolle Abfahrt mit 180-Grad-Kurven, Engstellen und Kreisverkehren in die Altstadt von Bilbao. Nach zwei Schikanen steigt die Straße ab dem Teufelslappen bis zur Ziellinie dann wieder leicht an.
Karte: 1. Etappe der Tour de France 2023
Favoriten auf den Etappensieg und das erste Gelbe Trikot
Kletterstarke Puncheure versus explosive Bergfahrer – auf dieses Match wird man sich einstellen müssen, wenn es in Bilbao um den Etappensieg und das damit verbundene Gelbe Trikot geht.
Ein Name, der ebenfalls sofort fällt, wenn es um den Etappensieg geht, ist Mathieu van de Poel. Allerdings räumte der Alpecin-Deceuninck-Profi im Interview mit AD ein, dass das Szenario im Baskenland nicht vergleichbar ist mit dem an der Mûr-de-Bretagne 2021: „Es wird sehr schwierig sein, das zu wiederholen. Das Baskenland ist schwerer als die ersten beiden Etappen damals“, so van der Poel.“ Entscheidend wird sein, dass er den Anschluss nicht verliert beziehungsweise auf der Abfahrt wieder zurückkommt.
Wer van der Poel nennt, muss auch Wout van Aert (Jumbo-Visma) auf dem Schirm haben, der allerdings nichts riskieren darf, was seinen GC-Leader Jonas Vingegaard gefährdet.
Über einen guten Punch verfügen Bergfahrer wie Tadej Pogačar (UAE Team Emirates), Tom Pidcock (INEOS Grenadiers), Mattias Skjelmose und Giulio Ciccone (beide Lidl-Trek) aber auch Romain Bardet (Team dsm – firmenich). Nicht zu vergessen der mehrmalige Weltmeister Julian Alaphilippe (Soudal-Quick Step), der solche Finals ebenfalls mag und wieder zurück zur alten Stärke gefunden hat.
Spannend wird auch sein, wie die Teams agieren, die keinem Top-Favoriten fürs Gesamtklassement dabeihaben. Beispielsweise könnte Lidl-Tek und/oder Israel Premier Tech mit einem Fahrer an der Côte de Vivero attackieren. Auch Warren Barguil (Arlea-Samsic) wird hier kaum die Füße stillhalten können und etwas probieren. Und Simon Yates scheint für solch ein „frühes“ Szenario ebenfalls ein Kandidat zu sein. Für Spannung ist also gesorgt!
Highlights der 1. Etappe der Tour de France
Etappenbeginn: 13:10
Etappenende: ab ca. 17:15
Start
Bilbao
Sprintwertung
Gernika-Lumo| km 88,2
Bergwertungen
Côte de Laukiz| – 3. Kategorie km 13,8
Côte de San Juan de Gaztelugatxe – 3. Kategorie | km 67,8
Col de Morga – 4. Kategorie | km 140,9
Côte de Vivero – 2. Kategorie | km 154,9
Côte de Pike – 3. Kategorie | km 172,4
Ziel
Bilbao | 182 km
Fernseh-Guide: Tour de France im Free-TV
Das Erste: 14:35 – 17:50
Eurosport: 12:00 – 17:30
Web-TV
Die Etappe in voller Länge lässt sich im Internet auf sportschau.de und im GCN Player (kostenpflichtig) verfolgen.
Grafik ©A.S.O.
Karte: ©GEOATLAS