Vorschau: Gravel-Spektakel auf 9. Etappe der Tour de France 2024

06.07.2024

Auf der 9. Etappe der Tour de France 2024 lässt sich die Frankreich-Rundfahrt nicht gewinnen, wohl aber verlieren. Denn das Terrain der 199 Kilometer mit Start und Ziel in Troyes hat es in sich. Mit 14 Gravelsektoren, den sogenannten Chemins Blancs, ist der letzte Tagesabschnitt der ersten Tour-Woche gespickt. Als wären 32,3 Kilometer über Schotter nicht schon genug Schwierigkeiten, führt die Etappe zudem durch die Weinberge der Champagne über welliges Terrain, das sich am Ende auch auf 2.000 Höhenmeter summiert.

9. Etappe | 7. Juli | Troyes – Troyes | 199 km | 2.000 hm

Die letzte Etappe vor dem ersten Ruhetag dieser Tour hat es noch einmal in sich. Zwar müssen die Fahrer keine hohen Berge erklimmen, trotzdem sind große Zeitabstände möglich. Wie ein Klassiker führt der 9. Tagesabschnitt über insgesamt 32,2 Schotter – beziehungsweise Chemins Blancs wie diese Straßen in Frankreich heißen. Als Blaupause für diesen Abschnitt diente die 4. Etape der Tour de France Femmes i Jahr 2022. Dieser Abschnitt verlief von Troyes nach Bar-sur-Aube und bot Fans ein echtes Spektakel.

Die 9. Etappe der Tour de France 2024bbeginnt ebenfalls in Troyes und führt dann die erste rund 35 Kilometer flach vorbei am Lac d’Orient über Vendeuvre-sur-Barse in die Hügel. Ab dann wird es für die nächsten rund 100 Kilometer durch die Weinberge wellig mit vier Anstiegen der vierten Kategorie.

Weinbergstraßen hoch auf Schotter sind die Höchstschwierigkeit der 9. Etappe

Allein das wäre keine Schwierigkeit, aber bei Rennkilometer 47 führt die Strecke auf den ersten von 14 Gravelsektoren. Die Chemin Blanc de Bligny à Bergères stimmt die Profis auf das ein, was kommen wird.  Ab Bar-sur-Aube müssen sich die Profis dann „anschnallen“ und die GC-Fahrer spätestens in Position gebracht werden. Denn bei Rennkilometer 67 beginnt mit der Chemin Blanc de Baroville einer der schwersten Abschnitte. Er ist zwar nur 1,200 Meter lang mündet aber direkt danach in den Kategorie-4-Anstieg Côte de Baroville, die 2,8 Kilometer mit 4,8 Prozent durchschnittlicher Steigung bergauf führt.

Dieser Sektor mit der Nummer 13 zählt genauso wie die Abschnitte 11 und 10 zu den schwierigsten, da hier immer Schotter auf Anstieg trifft. Nicht umsonst vergab Rennorganisartor A:S.O für diese Schotterabschnitte die Höchstschwierigkeit von drei Sternen – analog zur Bewertung der Kopfsteinpflasterabschnitte bei Paris-Roubaix.

Nach der Sprintwertung in Fontette beginnt bei Rennmitte eine brutale Abfolge von Schottersektoren (Nummer 12,11, 10) sowie die Anstiege Côte de Loches-sur-Ource , Côte de Val Frion (2,2 Kilometer mit 5 Prozent) und der Côte de Chacenay (3 Kilometer mit 4,3 Prozent).

Rund 50 Kilometer vor Ziel werden die topografischen Schwierigkeiten weniger. Das Terrain wird flacher, allerdings sind noch sieben Schotterabschnitte zu bewältigen. Der letzte, der 14., ist die Chemin Blanc de Saint-Parres-aux-Tertres 9,6 Kilometer vor dem Ziel in Troyes.

Die 14 Gravel-Sektoren der 9. Etappe der Tour de France 2024

14. Chemin Blanc de Bligny à Bergères | Länge 2.000 Meter | Schwierigkeit * | Rennkilometer 47,3
13.  Chemin Blanc de Baroville | Länge 1.200 Meter | Schwierigkeit *** | Rennkilometer 67
12. Chemin Blanc des Hautes Forêts | Länge 1.500 Meter | Schwierigkeit ** | Rennkilometer 96
11. Chemin Blanc de Polisy à Celles-sur-Ource | Länge 3.400 Meter | Schwierigkeit *** | Rennkilometer 105,2
10. Chemin Blanc de Loches-sur-Ource à Chacenay | Länge 4.200 Meter | Schwierigkeit *** | Rennkilometer 118,6
9. Chemin Blanc du Plateau de la côte des Bar | Länge 2.200 Meter | Schwierigkeit * | Rennkilometer 131,9
8. Chemin Blanc de Thieffrain à Magnant | Länge 3.900 Meter | Schwierigkeit *** | Rennkilometer 140,8
7. Chemin Blanc de Briel-sur-Barse | Länge 2.200 Meter | Schwierigkeit * | Rennkilometer 151,9
6. Chemin Blanc du Ru de Paradis | Länge 1.200 Meter | Schwierigkeit * | Rennkilometer 165,7
5. Chemin Blanc de Fresnoy-Le-Château à Clérey | Länge 1.800 Meter | Schwierigkeit *| Rennkilometer 169
4. Chemin Blanc des Verrières | Länge 1.500 Meter | Schwierigkeit * | Rennkilometer 175
3. Chemin Blanc de Daudes | Länge 1.900 Meter | Schwierigkeit * | Rennkilometer 178
2. Chemin Blanc de Montaulin à Rouilly-Saint-Loup | Länge 2.200 Meter | Schwierigkeit ** | Rennkilometer 182,3
1.  Chemin Blanc de Saint-Parres-aux-Tertres | Länge 1.300 Meter | Schwierigkeit ** | Rennkilometer 189,4

Streckenkarte der Etappe

Favoriten-Check: Etappensieg und Gelbes Trikot

Das ist der Abschnitt, den viele Gesamtklassementfahrer am meisten fürchten. Denn hier und heute können sie die Tour de France nicht gewinnen, aber doch verlieren. Geraten sie durch Defekt ins Hintertreffen beziehungsweise erwischen Sie nicht die richtige Gruppe, können Sie extrem viel Zeit liegen lassen. Das haben in der Vergangenheit schon ähnliche Etappen beim Giro d’Italia sowie bei der Tour mit solch einem Klassiker-Charakter gezeigt. Daher wird es den meisten Teams, die mit ihrem Kapitän um eine gute Platzierung im Gesamtklassement fahren extrem wichtig sein, diesen zu beschützen und ihn in der Nähe seiner Konkurrenten zu halten.

Die Frage wird sein, gilt das auch für Tom Pidcock (Ineos Genadiers), dessen Teamkollege Carlos Rodriguez auf Rang sieben im Gesamtklassement liegt. Und darf Wout van Aert (Visma | Lease a Bike) auf eigene Rechnung fahren oder muss er Jonas Vingegaard aus den zu erwartenden Schwierigkeiten raushalten?

Van der Poel Favorit für Schotter-Etappe

So liegt die Favoritenrolle bei Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck), der Klassiker und auch Schotter kann, wie er durch seinen Strade Bianche Sieg 2021 bewies. Er hat zudem auch ein komplettes Team hinter sich, das ihn unterstützt. Mit Mads Pedersen (Lidl-Trek)  hat ein großer Kontrahent das Rennen verletzungsbedingt verlassen, doch hat das Team in Toms Skujiņš einen Fahrer, der ebenfalls auf Schotter schon Top-Leistungen zeigte. Ebenso wie Maxim Van Gils (Lotto Dstny) und Oier Lazkano (Movistar), der die spanische Strade Bianche, die Clásica Jaén gewann. Nicht zu vergessen, der amtierende Gravel-Weltmeister Matej Mohorič (Bahrain-Victorious).

Sie alle haben aber einen zu fürchten: Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Der Träger des Gelben Trikots ist der einzige der Fab Four, dem dieser neunte Tagesabschnitt zusagt.

Er liebt solch eine Art Rennen.  Er gewann zweimal schon die Strade Bianche ,wenngleich dort der Schotter anders ist. Aber als Instinkt-Rennfahrer, weiß er, was zu tun ist. Das bewies er auch 2022 bei der Roubaix-Etappe während der Tour de France. Für Remco Evenepoel (Soudal Quick-Step), Jonas Vingegaard (Visma | Lease a Bike) und Primoz Roglic (Red Bull-Bora-Hansgrohe) wird es darum gehen, unbeschadet über diese über die Chemins  Blanc-Abschnitte zu kommen und wie schon erwähnt, keine Zeit liegen zu lassen.

Am Schlimmsten an diesem Tag wird sein, dass eh schon vor dem Start extremer Stress herrscht, weil jeder – Fahrer, Management und Mitarbeiter – wissen, was alles auf dem Spiel steht. Hier schadet eine negative Grundeinstellung beziehungsweise Furcht, die sich dann letztendlich auch auf die  Fahrer auswirkt. Hier hat ganz sicher UAE Team Emirates um Pogi einen Vorteil, weil der Slowene ein Rennfahrer ist, der es nimmt, wie es kommt. Und solch Herausforderung natürlich auch liebt.

Die Wertungen der 9. Etappe

Sprintwertungen
Fontette | Rennkilometer 83,5

Bergwertungen

Côte de Bergères | 4. Kategorie | Rennkilometer 51,7
Côte de Baroville  | 4. Kategorie | Rennkilometer 69,6
Côte de Val Frion | 4. Kategorie | Rennkilometer 107,5
Côte de Chacenay  | 4. Kategorie | Rennkilometer 121,2

Fernseh-Tipp: Die neunte Etappe der Tour de France im Free-TV

Ab 12:45 Uhr überträgt Eurosport 1 die 9. Etappe der Frankreich-Rundfahrt live im Free-TV. „Das Erste“ geht ab 14:20 Uhr „on air“.