Giro d’Italia 2025-Favoriten: Wer wird die Gesamtwertung der 108. Ausgabe gewinnen? Und folgt auf Tadej Pogačar, der im vergangenen Jahr souverän diese Grand Tour gewann? Anwärter gibt es einige.Alpecin Cycling hat zehn Profis unter die Lupe genommen:
Primož Roglič | Red Bull-Bora-Hansgrohe
Alter: 35 Jahre
Giro-Teilnahmen: 3
Giro-Siege: 1
Der slowenische Altmeister will es noch einmal wissen. In Abwesenheit der drei anderen Fab Four stehen die Chancen für den 35-jährigen Roglic gut. Seine Vorbereitung lief gut. An der Algarve ließ er es noch ruhig angehen, doch die Katalonienrundfahrt gewann er mit einer aggressiven Fahrweise am Schlusstag. Dank seiner Erfahrung weiß „Rogla“, was auf ihn zukommt und kann sich seine Kräfte für die Finalwoche gut einteilen. Seinen letzten und bisher einzigen Giro-Sieg sicherte er sich 2023 am Schlusstag mit einem exzellenten Bergzeitfahren. Die große Frage wird sein, wie gut ihn sein Team unterstützen kann. Zwar fahren mit Ja Hindley der Giro-Sieger von 2022 und mit Daniel Felipe Martinez der letztjährige Giro-Zweite an seiner Seite. Doch im Vergleich zum Team UAE Emirates XRG wirkten die Red Bull-Bora-Hansgrohe-Profis in dieser Saison in den Bergen nicht ganz so stark,
Juan Ayuso | UAE Team Emirates XRG
Alter: 22 Jahre
Giro-Teilnahmen: –
Giro-Siege: –
Er gilt hinter Tadej Pogačar als Kronprinz des Teams UAE Emirates XRG. Und deshalb ist er logischerweise auch der Kapitän bei diesem Giro – seine erste Italien-Rundfahrt überhaupt. Drei Grand Tours hat der 22-jährige Spanier bereits bestritten. Einmal – 2022 bei der Vuelta – stand er sogar auf dem Podium. In diesem Jahr gewann er Tirreno-Adriatico souverän mit einem sehr starken Zeitfahren und dem Sieg bei der einzigen Bergankunft. Bei der Katalonien-Rundfahrt war er Roglič in den Bergen ebenbürtig, brach aber am Schlusstag auf dem Stadtkurs von Madrid ein. Sein großer Vorteil: Er kann sich am Berg auf ein extrem starkes Team verlassen. Mit Adam Yates, Jay Vine, Isaac del Torro und Rafael Majka stehen ihm starke Kletterer zur Seite. Sollte Ayuso nicht an seine Leistung anknüpfen können, könnte einer von ihnen in der Gesamtwertung in die Bresche springen.
Antonio Tiberi | Bahrain Victorious
Alter: 23 Jahre
Giro-Teilnahmen: 1
Giro-Siege: –
Radsport-Italien setzt große Hoffnungen in den erst 23-jährigen Profi von Bahrain Victorious. Kann er Vincenzo Nibali beerben? Nach seinen privaten Verfehlungen im Jahr 2022 und der darauf folgenden Vertragsauflösung mit Lidl-Trek scheint Tiberi wieder auf dem richtigen Weg zu sein. Bei seinem Giro-Debüt 2024 wurde er Fünfter und gewann die Nachwuchswertung. Dabei hatte er gleich auf der ersten Bergetappe wegen eines Defekts zwei Minuten verloren. Tiberi ist stark im Zeitfahren und solide bei langen Anstiegen. Was ihm hier fehlt, ist die Explosivität, aber er kann das Tempo lange konstant hoch halten. Die Frage ist nur, wie gut er sich von seiner Magenerkrankung erholt hat, die ihn bei der Tour of the Alps zur vorzeitigen Aufgabe zwang.
Mikel Landa | Soudal-QuickStep
Alter: 35 Jahre
Giro-Teilnahmen: 7
Giro-Siege: –
Der nächste „Oldie“ im Favoriten-Check, der seit zehn Jahren in der Weltspitze mitfährt. Als Edelhelfer von Remo Evenepoel bei der Tour de France 2024 fuhr der damals 34-jährige Spanier quasi im Vorbeifahren“ auf den fünften Gesamtrang. Wie stark er in diesem Jahr wieder ist, bewies er in Katalonien, wo er Vierter wurde. Mikel Landa liebt den Giro, wenn man sich seine Ergebnisse bei dieser großen Rundfahrt ansieht. Bereits vor zehn Jahren, im Jahr 2015, avancierte er mit zwei Etappensiegen und einem dritten Platz in der Gesamtwertung zum Topfahrer. Bei seiner letzten Teilnahme in der Saison 2022 wurde der Spanier erneut Dritter.
Thymen Arensman | Ineos Grenadiers
Alter: 25 Jahre
Giro-Teilnahmen: 3
Giro-Siege: –
Der Niederländer scheint zurück in der Erfolgsspur zu sein. Zwar verpasste er den Sieg bei der Tour of the Alps. Aber er beeindruckte mit einem epischen Solo, das er mit einem Etappensieg abschloss. Nach zwei sechsten Plätzen bei der Italien-Rundfahrt 2023 und 2024 könnte der Ineos-Grenadier-Profi in der Gesamtwertung einen Sprung nach vorne machen. Arensman teilt sich das Kapitänsrolle bei Ineos Grenadiers mit Egan Bernal. Der ehemalige Giro- und Toursieger aus Kolumbien kämpft sich wieder zu seiner alte Leistungsstärke zurück. Unterstützt werden sie in den Bergen vom 38-jährigen Routinier Jonathan Castroviejo und Lucas Hamilton, der in dieser Saison vom Team Jayco AlUla kam.
Richard Carapaz | EF Education-EasyPost
Alter: 31 Jahre
Giro-Teilnahmen: 3
Giro-Siege: 1
Der große Coup gelang dem Ecuadorianer beim Giro d’Italia 2019. Damals holte er sich das Rosa Trikot, weil er ein Patt zwischen Vincenzo Nibali und Primož Roglič clever ausnutzte und so zum Sieg stürmte. Doch dieser taktische Schachzug soll seine Leistung keineswegs schmälern. Der Olympiasieger von Rio war bei seinen beiden anderen Giro-Teilnahmen keineswegs unerfolgreich. 2018 wurde er Vierter. 2022 wurde er Zweiter, nur knapp geschlagen von Jai Hindley. Was für „Richie“ spricht. Schon oft konnte er in der dritten Woche einer Grand Tour sein volles Leistungsvermögen abrufen. Und genau das verlangt dieser Giro mit seiner harten Schlusswoche. Vielleicht gelingt dem EF Education-EasyPost-Profi auf der Etappe über den 2.176 Meter hohen Colle del Finestre ein Coup. Außerdem fühlt sich Carapaz in der Höhe wohl.
Derek Gee | Israel-Premier Tech
Alter: 27 Jahre
Giro-Teilnahmen: 1
Giro-Siege: –
Beim Giro 2023 machte Derek Gee zum ersten Mal von sich reden. Acht (!) Mal war der Australier bei seiner Grand-Tour-Premiere in Ausreißergruppen vertreten. Leider ohne den ganz großen Erfolg. Kein einziger Etappensieg gelang ihm. Aber viermal wurde er Zweiter, einmal davon auf der Königsetappe, und am Ende blieb ihm auch Rang zwei in der Maglia Ciclamino-Wertung. Gee hat sich mittlerweile zu einem Klassementfahrer entwickelt. Das bewies er 2024 mit einem dritten Platz beim Critérium du Dauphine und einem neunten Platz bei der Tour. In diesem Jahr holte er sich den Gesamtsieg bei O Gran Camiño, wurde Vierter bei Tirreno-Adriatico und beendete die Tour of the Alps als Dritter. Nach eigener Aussage wird es für ihn die erste Grand Tour sein, bei der er sich voll und ganz auf die Gesamtwertung konzentrieren wird.
Michael Storer | Tudor Pro Cycling
Alter: 27 Jahre
Giro-Teilnahmen: 2
Giro-Siege: –
Mit seinem zehnten Platz bei der letztjährigen Italienrundfahrt hat Michael Storer bewiesen, dass er auch Grand Tours „kann“. Der Australier aus dem Tudor-Team von Fabian Cancellara, das eine Wildcard für den Giro erhielt, macht weiter Fortschritte. Zuletzt bei Paris-Nizza, wo er aus einer Ausreißergruppe heraus die verkürzte Königsetappe gewann. Und natürlich bei der Tour of the Alps, als er sich am letzten Tag das Leadertrikot zurückeroberte. Unbändiger Kampfeswille gepaart mit Kraft zeichnen den „Zerstörer“ aus, der auch im Erfolg zurückhaltend bleibt. Sein einziger Schwachpunkt dürfte sein Team sein. Viele Helfer werden ihn bei der Bergankunft nicht begleiten.
Simon Yates | Visma-Lease a Bike
Alter: 32 Jahre
Giro-Teilnahmen: 5
Giro-Siege: –
Wer an Simon Yates und den Giro denkt, wird die Italien-Rundfahrt 2018 nicht vergessen. Der Australier fuhr von Anfang an ein aggressives Rennen, gewann drei Etappen, fuhr mehrere Tage im Rosa Trikot und ging mit einem großen Vorsprung in die letzte Woche. Dort brach er jedoch völlig ein und beendete das Rennen in Rom auf Platz 21. Nach seinem dritten Platz 2021 in der Gesamtwertung scheint er mit der Italienrundfahrt seinen Frieden geschlossen zu haben. Trotzdem gilt er als Außenseiter, da sein Team mit anderen Zielen in diese Grand Tours geht. Der Topsprinter Olav Kooij und der Puncheur Wout van Aert sollen Etappensiege einfahren. Letzterer könnte sich in der ersten Woche sogar das Rosa Trikot überstreifen. Echte Unterstützung in den Bergen erhält Yates wohl nur von Wilco Kelderman, der auch in der Gesamtwertung für eine Top-Platzierung gut ist.
Tom Pidcock | Q36.5 Pro Cycling
Alter: 25 Jahre
Giro-Teilnahmen: –
Giro-Siege: –
Hinter den Ambitionen des Briten steht ein großes Fragezeichen. Geht Tom Pidcock auf Etappenjagd oder strebt er eine gute Platzierung in der Gesamtwertung an? Sein Trainer Kurt Bogaerts äußerte sich zu Beginn der Saison zurückhaltend, was die Ambitionen auf das Gesamtklassement betrifft. Damals war noch nicht einmal klar, ob sein Team Q36.5 Pro Cycling überhaupt am Giro 2025 teilnehmen würde. Bei den drei großen Ardennenrennen fehlte Pidcock die Spritzigkeit, die er noch bei Strade Bianche besaß. Vielleicht ein Indiz, das er sein Training ein bisschen mehr in Richtung GC-Stärke umgestellt hat. Zumal derselbe Coach auch betonte, dass Pidcock sein Potenzial auf der Straße noch nicht voll ausgeschöpft habe, da er immer wieder den Spagat zum Mountainbike machen musste. Der 25-jährige Brite wird bei seiner Giro-Premiere auf jeden Fall eine Bereicherung sein.