Vorschau: Neo-Klassiker Strade Bianche 2024
In 2024 wird das WorldTour-Rennen durch die Toskana noch schwerer. Erstmals in seiner Geschichte verläuft der Neo-Klassiker Strade Bianche über mehr als 200 Kilometer. Die Gesamtlänge der Strecke wurde von 184 auf 215 Kilometer erhöht. Die Schottersektoren von 11 auf 15. Anstatt über 63 Kilometer wie bisher müssen die Fahrer jetzt über knapp 72 Kilometer graveln. Weitere Neuerung: Der schwere und steile Anstieg Le Tolfe wird im Finale des Rennens zwei Mal gefahren. All dies wird das Rennen härter und wahrscheinlich auch viel selektiver machen.
Neue Strecke in 2024
Das Rennen beginnt in der Nähe des Stadions Fortezza Medicea in Siena. Nach den ersten hügeligen 14 Kilometer auf Asphalt kommen die Fahrer zum ersten Schotterabschnitt. Er ist 2,1 Kilometer lang, gerade und verläuft leicht bergab.
Nur wenige Kilometer später folgt schon Sektor zwei mit 5,8 Kilometern Länge. Dieser Abschnitt ist um einiges schwerer, da er zu einem überwiegenden Teil berghoch führt. Mit steilen Stücken von über 10 Prozent.
Kurz hinter Radi müssen die Profis erneut auf Schotter – für 4,4 Kilometer. Nur wenig Zeit zum Ausruhen bleibt danach, da sechs Kilometer später Sektor vier „La Piana“ in Angriff genommen wird. La Piana ist eines der klassischen Schotterabschnitte der Strade Bianche.
Strade Bianche 2024 länger und härter
Seit der Premiere des Rennens im Jahre 2007 ist der 5,5 Kilometer lange Gravelabschnitt immer im Roadbook verzeichnet. Weiter verläuft die wilde Fahrt auf den nächsten gut 25 Kilometern auf Asphalt über Buonconvento und hoch nach Montalcino.
Kurz hinter Torrenieri beginnt Sektor fünf mit einer Länge von 11,9 Kilometern. Ihm folgt Abschnitt sechs mit acht Kilometern. Die beiden Gravelabschnitte sind nur durch einen Kilometer auf Asphalt unterbrochen. Beide sind hügelig und kurvenenreich – und könnten aufgrund ihrer Länge und Dramaturgie für eine erste Zäsur im Feld führen. Nach der zweiten Durchfahrt durch Buonconvento erreichen die Fahrer Ponte d’Arbia bei Rennkilometer 103,8.
Kurz darauf kommen die Fahrer nach Monteroni d’Arbia. Hier beginnt der 9,5 Kilometer lange siebte Sektor „San Martino in Grania“. Er liegt inmitten der Crete Senesi, einer zerklüfteten und erodierten mittelitalienische Landschaft. Es handelt sich um einen von nur zwei Abschnitten, die die Höchstschwierigkeit von fünf Sternen aufweisen. Zu Beginn des Sektors fahren die Profis durch eher sanfte Hügel, wohingegen am Ende ein Anstieg auf die asphaltierte Straße führt.
Nach nur neun Kilometer auf geteerter Straße folgt der wohl bekannteste Schotterabschnitt der Strade Bianche. Er hat seinen Namen durch den Anstieg Monte Santa Maria erhalten. Und ist ebenfalls mit der Höchstschwierigkeit von fünf Sternen dekoriert. Auch bekannt als Sektor Fabian Cancellara beginnt er in Ponte del Garbo und führt ständig Auf und Ab;und zwar steil. Rund 4,5 Kilometer der 11,5 Kilometer des Abschnitts führen – mit Steigungsprozenten von bis zu 18 Prozent – bergauf.
Sowohl Tadej Pogacar 2022 als auch Tom Pidcock 2023 lancierten hier ihre entscheidende und siegbringenden Attacke. Allerdings liegt dieser Sektor durch die Verlängerung der Gesamtdistanz jetzt 85 Kilometer vor dem Ziel, so dass ein Solo von hier an wohl doch zu früh wäre.
Zwei Mal Le Tolfe im Finale
Über Castelnuovo Berardenga und San Piero folgt ein sehr kurzes, flaches, nicht asphaltiertes unkategorisierte Teilstück von nur 300 Meter gefolgt von dem neunten unbefestigten Abschnitt nach Monteaperti. Der 800 Meter lange Sektor mit zweistelligen Steigungsprozenten wird wohl das Finale einläuten.
Auf ihn folgen „Colle Pinzuto“ (2,4 km) sowie „Le Tolfe“ (1,1 km) – allesamt kürzere Abschnitte. Sowohl der Anstieg hoch zum Colle Pinzuto mit Steigungswerten bis zu 15 Prozent als auch der Anstieg nach Tolfe mit einer Rampe von 18 Prozent eröffnen den Fahrern, Möglichkeiten zu attackieren. Gleich zwei Mal, denn das Duo steht später im Rennen ein zweites Mal auf dem „Plan“.
Kurz nach der ersten Le Tolfe-Passage führt die Strecke zum ersten Mal auf die Strada del Castagno. Dieser zwölfte Sektor hat eine Länge von 1,3 Kilometern. Gut zwölf Kilometer verläuft die Route hoch und runter über Pontignano, Ponte a Bozzone und San Giovanni a Cerreto, wo mit Montechiaro (3,3 km) der dreizehnte Sektor bewältigt werden muss, der aber tendenziell bergab führt.
Wenige Kilometer später bei Rennkilometer 195,9 wird erneut das Duo Colle Pinzuto (Sektor vierzehn) und Le Tolfe (Sektor fünfzehn) durchfahren. Auf relativ breiten Straßen erreichen die Profis den Zielort Siena.
Letzte größere Schwierigkeit ist die steile, gepflasterte und schmale Passage der Via Santa Caterina auf den letzten 1000 Metern des Rennens. Sie weist an den steilsten Stellen bis zu 16 Prozent Steigung auf. Über die Via Rinaldini kommen die Fahrer nach 215 Kilometern ins Ziel auf der weltberühmten Piazza del Campo.
15 Gravel-Sektoren bei Strade Bianche 2024
Sektor | Name | Renndistanz | Länge | Schwierigkeit |
1 | Vidritta | 14,0 km | 2,1 km | ★ |
2 | Bagnaia | 21,3 km | 5,8 km | ★★★ |
3 | Radi | 33,4 km | 4,4 km | ★★ |
4 | La Piana | 44,1 km | 6,4 km | ★★ |
5 | Luciginano d‘Asso | 76,8 km | 11,9 km | ★★★ |
6 | Pieve a Salti | 89,7 km | 8,0 km | ★★★★ |
7 | San Martino in Grania | 112,7 km | 9,5 km | ★★★★★ |
8 | Monte Sante Marie | 131,0 km | 11,5 km | ★★★★★ |
9 | Monteaperti | 161,3 km | 0,6 km | ★★ |
10 | Colle Pinzuto | 165,7 km | 2,4 km | ★★★★ |
11 | Le Tolfe | 171,9 km | 1,1 km | ★★★★ |
12 | Strada del Castagno | 175,4 km | 0,7 km | ★★★ |
13 | Montechiaro | 189,2 km | 3,3 km | ★★ |
14 | Colle Pinzuto | 195,9 km | 2,4 km | ★★★★ |
15 | Le Tolfe | 202,2 km | 1,1 km | ★★★★ |
Streckenkarte Strade Bianche 2024
Strade Bianche 2024: Die Favoriten
Auch wenn Wout van Aert und Mathieu van der Poel in diesem Jahr einen großen Bogen um die weißen Straßen der Toskana machen, so stehen auf der Teilnehmerliste „große Namen“. Allen voran die Sieger der beiden vorangegangenen Austragungen. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), Gewinner 2022, eröffnet mit Strade Bianche seine Saison. Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) will seinen Sieg aus dem Vorjahr wiederholen. Beide haben starke Teamkollegen an ihrer Seite. „Pogi“ kann im Finale auf Fahrer wie Klassikerspezialist Tim Wellens, die beiden Nachwuchshoffnungen Isaac del Torro und Jan Christen sowie Marc Hirschi, der gerade erst die Faun Drôme Classic gewann, vertrauen.
Pidcock hat an seiner Seite unter anderem den GC-Fahrer Thymen Arensman sowie Michal Kwiatkowski. Letzterer ein ehemaliger Sieger genauso wie Julian Alaphilippe (Soudal Quick-Step).
Das Team Visma | Lease a Bike, die dominierende Klassiker-Equipe am Opening Weekend, hat für dieses Rennen keinen absoluten Top-Favoriten aufzubieten. Das Roster mit Vuelta-Sieger Sepp Kuss, Attila Valter und Christophe Laporte klingt gut, aber ob es für vorne reicht, hängt stark vom Rennverlauf ab.
Nicht zu unterschätzen ist die kolumbianische Doppelspitze des deutschen Rennstalls Bora-hansgrohe: Dani Martinez, Sieger an der Algarve, und Sergio Higuita, Zehnter bei Strade 2023, könnten hier für eine Überraschung sorgen und aufs Podium fahren.
Einer, der auf dieses Rennen geradezu hinfiebert, ist der US-Amerikaner Quinn Simmons von Lidl-Trek. Er war 2022 Siebter und 2023 Zwölfter in Siena. Allerdings ist er sich bewusst, dass das Rennen noch schwerer werden wird als in den Vorjahren.
Der Sieg wird aber über Tadej Pogacar gehen. „Das Wichtigste zuerst: Strade Bianche ist ein Rennen, das ich liebe und an das ich gute Erinnerungen habe. Meine Vorbereitung war wirklich gut und wir werden um den Sieg mitfahren. Man weiß nie genau, wie man bei den ersten Rennen abschneidet, und es wird große Konkurrenz geben, aber ich denke, mit unserem Team sind wir auf alles vorbereitet“, sagt der Slowene in einer Pressemitteilung seines Teams.
Team Alpecin-Deceuninck bei Strade Bianche 2024
Quinten Hermans (Belgien)
Nicola Conci (Italien)
Michael Gogl (Österreich)
Juri Hollmann (Deutschland)
Oscar Riesebeek (Niederlande)
Fabio Van Den Bossche (Belgien)
Gianni Vermeersch (Belgien)
Foto: Photonews.be
Grafiken: RCS