Frühjahrsklassiker-Vorschau: Flandern-Rundfahrt 2024

27.03.2024

Die 108. Austragung der Flandern-Rundfahrt startet am Ostersonntag, den 31. März 2024 in Antwerpen und endet nach 270,8 Kilometern in Oudenaarde. Highlights des zweiten Monuments des Jahres sind zweifelsohne die Hellinge – also die Anstiege – in den flämischen Ardennen. Allen voran Oude Kwaremont, Paterberg und Koppenberg.

Die Strecke der Flandern-Rundfahrt 2024

Nicht Brügge wie 2023, sondern Antwerpen ist der Startort der 108. Ronde van Vlaandreren. Die ersten gut 100 Kilometer verlaufen flach und relativ unspektakulär, aber auf breiteren Straßen als bislang. „Eine bewusste Entscheidung“, sagt Rennleiter Scott Sunderland: „Die Änderungen auf den ersten 100 Kilometer sind sicherheitsrelevante Entscheidungen.“ Von Antwerpen führt der Parcours nordwestlich über Sint-Niklaas, Dendermonde, Aalst, Hamme, Haaltert, Herzele und Zottegem in die flämischen Ardennen.

Kurz hinter Zootegem machen die Pflastersteinpassagen Lippenhovenstraat und Paddestraat den Auftakt zum Fahren über Kasseien und Hellinge. Der erste Helling folgt nach der Hälfte der Renndistanz. Bei Kilometer 136,7 wird der Oude Kwaremont erklommen. Zum ersten von insgesamt drei Malen. Und ab der Anfahrt zu diesem mythischen flandrischen Anstieg wird es bis zum Ende des Rennens nicht mehr ruhig. Allerdings sind es noch weitere 20 Kilometer, ehe die Achterbahnfahrt so richtig beginnt. Doch wer am Ausgang des Kwaremonts schlecht positioniert ist, wird er schwer haben bei dem hohen Tempo wieder nach vorne zu fahren.

Aufeinander folgen dann innerhalb von nur 30 Kilometern die Anstiege Kapelleberg, Wolvenberg, Molenberg, Berendries, Valkenberg sowie die Kopfsteinpflasterpassagen Holleweg, Kerkgate, Jagerij sowie Marlboroughstraat.

Bringen Oude Kwaremont und Paterberg die Entscheidung?

Mal müssen die Fahrrer übrRund 90 Kilometer beziehungsweise gut zwei Rennstunden sind es von dort noch ins Ziel. Berg Ten Houte und Hotond läuten das Finale ein, denn es erwartet die Fahrer ein unbarmherziges Duo aus Oude Kwaremont und Paterberg. Spätestens hier wird es eine größere Zäsur im Peloton geben, da die großen Teams das Rennen hier schwer machen können.

Als nächstes steht mit dem Koppenberg ein ebenfalls ikonischer flandrischer Anstieg an, der schon viele Profis zum Absteigen zwang. „Wir haben die Anfahrt zum Koppenberg geradliniger gestaltet und die Abfahrt sowie die scharfe Kurve kurz vor dem Anstieg eliminiert“, so Organisator Flanders Classic zur Streckenänderung für 2024.

Wer am beziehungsweise kurz nach dem Koppenberg nicht ganz vorne mit dabei ist, wird mit der Entscheidung im Rennen nichts mehr zu tun haben. Obwohl es noch knapp 50 Kilometer bis ins Ziel nach Oudenaarde sind.

Denn in schneller Abfolge fliegen die Fahrer über die Pflaster und Hügel von Mariaborrestraat, Steenbeekdries, Stationsberg, Traaiberg und Hotond, um zum allerletzten Mal zum schmerzhaften doppelten Highlight der Ronde zu kommen: Oude Kwaremont und Paterberg.

Die finale Passage des Oude Kwaremont beginnt rund 20 Kilometer vor Ziel und ist die erste von zwei Möglichkeiten, sich noch möglicher Mitstreiter zu entledigen. Idealerweise mittels einem hohen Drehmoment am Pedal in Form eines Ausscheidungsfahren. Vom Gipfel des alten Kwaremonts bis zum Beginn des Paterbergs sind es nur rund drei Kilometer, die bergab verlaufen

Der Paterberg bietet die letzte Möglichkeit, um etwaige Verfolger abzuschütteln. Die 400 Meter lange Rampe inmitten von Feldern bot in der Vergangenheit immer wieder Chancen, um zu attackieren. Am besten mit einem explosiven Antritt wie Mathieu van der Poel es beim E3-Preis vor wenigen Tagen „vormachte“. Oben angekommen geht es über 13,2 Kilometer flach nach Oudenaarde, wo dann das Ziel in der Minderbroedersstraat liegt.

Hellinge und Kasseien bei der Flandern-Rundfahrt 2024

Hellinge

1. Oude Kwaremont (2.200 Meter mit durchschnittlich 4 Prozent) – Rennkilometer 136,7
2. Kapelleberg (1.100 Meter mit durchschnittlich 5,9 Prozent) – Rennkilometer 155,7
3. Wolvenberg (645 Meter mit durchschnittlich 7,9 Prozent) – Rennkilometer 158,9
4. Molenberg (463 Meter mit durchschnittlich 7 Prozent) – Rennkilometer 171,3
5. Marlboroughstraat (2.000 Meter mit durchschnittlich 3 Prozent) – Rennkilometer 175,3
6. Berendries (940 Meter mit durchschnittlich 7 Prozent) – Rennkilometer 179,3
7. Valkenberg (540 Meter mit durchschnittlich 8,1 Prozent) – Rennkilometer 184,7
8. Berg Ten Houte (1.100 Meter mit durchschnittlich 6 Prozent) – Rennkilometer 197,1
9. Hotond/Nieuwe Kruisberg (2500 Meter mit durchschnittlich 5 Prozent) – Rennkilometer 206,6
10. Oude Kwaremont (2.200 Meter mit durchschnittlich 4 Prozent) – Rennkilometer 216,5
11. Paterberg (360 Meter mit durchschnittlich 12,9 Prozent) – Rennkilometer 219,9
12. Koppenberg (600 Meter mit durchschnittlich 11,6 Prozent) – Rennkilometer 226,2
13. Steenbeekdries (700 Meter mit durchschnittlich 5,3 Prozent) – Rennkilometer 231,6
14. Taaienberg (530 Meter mit durchschnittlich 6,6 Prozent) – Rennkilometer 234,0
15. Hotond/Nieuwe Kruisberg (2.500 Meter mit durchschnittlich 5 Prozent) – Rennkilometer 244,3
16. Oude Kwaremont (2.200 Meter mit durchschnittlich 4 Prozent) – Rennkilometer 254,1
17. Paterberg (360 Meter mit durchschnittlich 12,9 Prozent) – Rennkilometer 257,6

Kasseien

1. Lippenhovestraat (1.100 Meter) – Rennkilometer 104,2
2. Paddestraat (2.300 Meter) – Rennkilometer 105,6
3. Holleweg (900 Meter) – Rennkilometer 156,3
4. Kerkgate (2.500 Meter) – Rennkilometer 162,5
5. Jagerij (800 Meter) – Rennkilometer 165,1
6. Mariaborrestraat (2.400 Meter) – Rennkilometer 230,2
7. Stationsberg (600 Meter) – Rennkilometer 232,1

Favoriten auf den Sieg bei der Ronde 2024

Gewinnt Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck) nach seinen Erfolgen 2020 und 2022 zum dritten Mal die Flandern-Rundfahrt? Oder erfüllt sich Wout van Aert (Visma | Lease a Bike) den Traum von seinem ersten „Pflaster“-Monument. Einen der beiden großen Frühjahrsklassiker zu gewinnen, ist ja das erklärte Ziel des Belgiers in dieser Saison. So hätte dieser Favoritenausblick auf die Ronde eigentlich beginnen sollen.

Doch dann kam das Rennen Dwars door Vlaanderen am Mittwoch, bei dem sich ein fürchterlicher Sturz ereignete. Mehrere Fahrer stürzten bei hoher Geschwindigkeit. Prominentestes Opfer war Wout van Aert, der das Rennen schwer verletzt aufgeben musste. Sein Team teilte am Abend mit, dass sich van Aert das Schlüsselbein und mehrere Rippen gebrochen hat. Infolgedessen wird er nicht an der Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix und dem Amstel Gold Race teilnehmen.

Ebenfalls einer der Leidtragenden des Crashes ist der Belgier Jasper Stuyven (Lidl-Trek). Er brach sich das Schlüsselbein. Damit fällt Stuyven als Co-Kapitän für die Ronde ebenso aus und sein Team ist einer Option beraubt.

Wie es um die Verfassung seines Teamkollegen Mads Pedersen (Lidl-Trek), einer der Top-Favoriten auf den Sieg bei der Flandern-Rundfahrt, steht, ist noch nicht abschließend geklärt. Der Däne, der zuletzt Gent-Wevelgem gewann, musste Dwars door Vlaanderen zwar aufgeben, schien aber glimpflich davon gekommen zu sein und kann am Sonntag zur Flandern-Rundfahrt starten.

Nach seinem Sieg bei Dwars door Vlaanderen und seinem starken Auftritt beim E3-Prijs, der Mini-Ronde, dürfte van Aerts Teamkollege Matteo Jorgenson jetzt zum Favoritenkreis zählen. Als Klassementfahrer wird er zudem mehr Spaß an den etwas längeren Anstiegen haben.

U23-Weltmeister Laurence debütiert bei der Flandern-Rundfahrt

Betont wurde im Vorfeld immer wieder bei den Mannschaften Lidl-Trek und Visma | Lease a Bike das starke Kollektiv. Hier kann van der Poels Team Alpecin-Deceuninck bei der Ronde dagegenhalten. Zum einen mit einem immer besser in Form kommenden Søren Kragh Andersen. Zum anderen mit erfahrenen Adjudanten wie Gianni Vermeersch, Silvan Dillier und Xandro Meurisse, die in der Lage sind, das Rennen schwer zu machen. Ursprünglich war auch Jasper Philipsen für die Ronde vorgesehen. Der Belgier lässt das Rennen in Abstimmung mit der Teamleitung und der Performanceabteilung aus, startet dafür Mittwoch nächster Woche beim Scheldepreis und fährt dann wie geplant Paris-Roubaix.

Nach seiner Teilnahme bei Mailand-Sanremo und dem ersten World Tour-Etappensieg in Katalonien feiert U23-Weltmeister Axel Laurence bei der Ronde sein Debüt.

In Abwesenheit des Vorjahressiegers Tadej Pogacar setzt seine Equipe UAE Team Emirates auf eine Doppelspitze mit Tim Wellens und Nils Politt. Der Deutsche fuhr bislang in Flandern sehr beherzt Rennen und war beim E3-Preis starker Siebter. Wellens war bereits bei Opening-Weekend gut in Form, was sein zweiter Platz bei Kuurne-Brüssel-Kuurne beweist und kam in Harelbeke als Vierter ins Ziel.

Bislang etwas „im Verborgenen“ agierten starke und routinierte Profis wie Matej Mohorič (Bahrain – Victorious) und Stefan Küng (Groupama-FDJ). Unterschätzen darf man sie deshalb nicht. Genauso wenig die Teams mit den ehemaligen Ronde-Siegern wie EF Education-EasyPost mit Alberto Bettiol und Soudal Quick-Step mit Kasper Asgreen.

Grafiken: © Flanders Classic
Fotos: Photonews.be