Vorschau Cyclocross-WM 2021: Duell zwischen Mathieu van der Poel und Wout van Aert

25.01.2021
© Photo News / Tim van Wichelen/Cor Vos

Das Duell der beiden großen Cyclocrosser dieser Zeit geht in die nächste Runde. Am kommenden Sonntag kämpfen Mathieu van der Poel und Wout van Aert um das begehrte Regenbogentrikot. Wer von beiden holt sich den Weltmeistertitel zum vierten Mal? Eine Vorschau mit dem Crossexperten Philipp Walsleben auf die Cyclocross-WM 2021 im belgischen Seebad Ostende:

„Den Sieg machen Mathieu und Wout unter sich aus, denn diese beiden haben die meiste Power“; dessen ist sich van der Poels Teamkollege Philipp Walsleben (Team Alpecin-Fenix) sicher. Walsleben bis 2016 selbst Weltklasse-Crosser, Europa- und Weltmeister der U-23-Klasse sowie sechsmaliger Deutscher Meister bei der Elite im Cross, hat sich für Alpecin Cycling den Kurs und die Favoriten einmal genauer angesehen.

Das Rennen um Rang drei wird dann schon etwas offener. „Neben Tom Piddock sehe ich da noch Toon Aarts, der dieses Jahr aufgrund seiner Verletzung noch nicht wieder zu alter Form zurückgefunden hat, aber auch Laurens Sweeck“ sagt Walsleben. Sweeck wurde auf einem ähnlichen designten Kurs 2019 belgischer Meister im Cyclocross.

Die Schlacht am Strand im Sand könnte bei den Welttitelkämpfen den Ausschlag geben. Denn der WM-Kurs in Oostende verläuft zum Teil direkt am Meer entlang, was ihn auch besonders macht. Knapp ein Fünftel der 2,9 Kilometer langen Runde führt durch dieses Geläuf. „Hier ist natürlich ganz entscheidend, wie viel davon wirklich fahrbar ist und wie oft und für wie lange die Fahrer ihr Rad schultern und Passagen laufen müssen“, erklärt Walsleben. Er sieht wie auch viele andere Experten leichte Vorteile in den Laufpassagen beim Belgier Wout van Aert.

Strecke: Der Kurs der Cyclcross-WM 2021 in Ostende

Wer einen guten Eindruck vom Kurs bekommen möchte, findet auf Youtube ein Video von den Belgischen Crossmeisterschaften 2017, die Wout van Aert souverän gewann. „Das ist meines Erachtens übrigens das letzte große Rennen, das in den vergangenen 20 Jahren auf dem Kurs stattfand“, sagt Walsleben schmunzelnd. Gut zu sehen ist, dass die Fahrer sich in den tiefen weichen Passagen im Sand am Geländer entlang hangeln. „Da bin ich gespannt, ob das dieses Mal auch so sein wird oder Flatterband verwendet wird“, sagt Walsleben.

Da die Rennen der Junioren und Juniorinnen Corona-bedingt von der UCI abgesagt wurden, könnte der Sand noch einigermaßen fest und noch nicht zu sehr durchpflüg seint. „Aber die Beschaffenheit des Sandes wird vom Niederschlag, der Temperatur aber auch dem Wind abhängen, wenn er vom stark vom Meer weht“, sagt Walsleben. „Sehr trockener Sand ist am schwersten zu fahren, da bildet sich dann auch keine echte Spur, die der Crossfahrer so liebt“, sagt „Walse“.

Neben Technik, Power wird auch Mut bei den Fahrern gefragt sein. Nämlich dann, wenn sie sich mit „Tempo 50“ von einer 21 Prozent steilen Brückenabfahrt hinabstürzen und in den Sand(kasten) „eintauchen“. „Hier muss man einerseits dem Rad seine Freiheit geben, die Spur im Sand zu finden und es aussteuern lassen, andererseits im richtigen Moment aber auch lenkend eingreifen“, erklärt Walsleben den Spagat für die Steuerkünstler.

Mitentscheidend könnte auch die Reifenwahl sein. „Der Cross-Reifen mit dem groben Rhino-Profil bringt enorme Vorteile im Matsch und auf der Wiese, wie auf dem Abschnitt der Galopprennbahn. Mit solch einem Reifen, der viel Grip besitzt, bekommt man als Fahrer pro Kurve einen Meter gratis geschenkt. Allerdings nimmt solch ein Profil extrem viel Sand auf beziehungsweise gräbt sich im Sand richtig tief ein“, so Walsleben. Gut möglich, dass sich die Fahrer für das klassische sogenannte Semi-Profil entscheiden.

Apropos Galopprennbahn – über diese führt der größte Teil des Kurses. Ein welliger über 1,5 Kilometer langer Abschnitt, der über Gras und eine Aschebahn verläuft. „Hier ist eine gute Technik gefragt, um die beste Linie zu finden“, erklärt Walsleben und sieht in diesem Bereich van der Poel gegenüber van Aert im Vorteil. „Mathieu traut sich einfach mehr und ist risikofreudiger“, so Walsleben, der mit dem Niederländer und amtierenden Weltmeister befreundet ist.

Den größten Unterschied sieht Walsleben aber in der Einstellung der beiden, ohne dies werten zu wollen. „Mathieu will neben all seiner Professionalität Spaß am Radfahren haben, auch im Rennen. Wout sieht Rennen fahren dagegen sehr professionell.“

Kampf bei den Frauen: Ceylin del Carmen Alvarado gegen Lucinda Brand

© Photo News

Einen Tag vor den Männern gehen die Frauen ins Rennen; und auch hier will ein Mitglied des Teams Alpecin-Fenix seinen Titel verteidigen: Ceylin del Carmen Alvarado. Die Niederländerin durfte sich vor gut einem Jahr mit gerade einmal 21 Jahren das Regenbogentrikot überstreifen. „In Oostende zählt sie auch zu den Favoritinnen, denn sie ist im Laufe der Cross-Saison immer besser in Form gekommen“, sagt Walsleben. So gewann Alvarado auch den letzten Weltcup vor der WM in Overijse.

Härteste Konkurrentin für Ceylin del Carmen Alvarado ist bei der WM Lucinda Brand, die bei drei von vier Weltcups siegreich war. „Lucinda hat als Straßenfahrerin einen unglaublich großen Motor. Aber sie ist technisch im Gelände nicht so stark wie Ceylin, kann dafür aber im Sand sowohl durch ihre Power als auch ihr Laufstärke punkten“, erklärt Walsleben. Daneben können sich noch Denise Betsema sowie Clara Honsinger und natürlich die Grand Dame des Cyclocross Sanne Cant mit ihren drei Weltmeistertiteln gute Chancen ausrechnen.

Zeitplan der Cyclocross-WM 2021 in Ostende

Samstag – 30. Januar 2021
13:30 U-23 Männer
15:10 Frauen Elite

Sonntag – 31. Januar 2021
13:30 U23-Frauen
15:10 Elite Herren

Mehr Infos auf der offiziellen Homepage des Veranstalters.

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