Tour-Tagebuch mit Silvan Dillier: Abteilung Attacke auf der 14. Etappe
Der Schweizer Team Alpecin-Fenix-Profi Silvan Dillier führt während der Tour de France 2021 ein Tagebuch auf Alpecin Cycling. Heute schreibt der Schweizer Meister, warum die 14. Etappe zu Beginn eskaliert ist und er mehrfach vergeblich versuchte, in die Spitzengruppe zu springen.
„Heute war ein Tour-Tag, der außer Kontrolle geriet. Zumindest in den ersten eineinhalb bis zwei Rennstunden. Da ist das Rennen komplett eskaliert. Wir sind über 80 Kilometer Vollgas gefahren wie früher bei den Junioren-Radrennen. Eine Attacke folgte der anderen. Ich habe heute alles versucht und wäre heute sehr gerne in die Spitzengruppe gegangen, aber ich habe den Weg dahin nicht gefunden.
Als dann nach gut 80 Kilometern der zweite kategorisierte Anstieg kam, sind die Bergfahrer losgefahren. Somit war der Zug für mich abgefahren. Davor hatte ich es mehrfach – erfolglos – versucht.
Ich habe mich dann in der Gruppe hinter dem Peloton mit dem Gelben Trikot eingefunden. Und bin dann dort die Etappe zu Ende gefahren.
Heute war so ein Tag, wo ich schon etwas frustriert war – kurzzeitig jedenfalls. Ich war so am Ende. Irgendwie setzt Du all Deine Energie daran, in die Spitzengruppe zu kommen. Gefühlte 1 Million Mal habe ich attackiert und bin dann doch nicht erfolgreich gewesen.
Nach einer Stunde Anschlag Radrennen fahren, möchtest Du am liebsten anhalten und Dich an den Straßenrand hinsetzen, einmal kurz durchschnaufen und einfach mal die Beine hängen lassen. Aber das geht natürlich nicht. Also fährst Du noch mal eine Stunde Vollgas. Versucht wieder etliche Male anzugreifen oder mitzufahren. Und irgendwann bist du einfach so leer, hast übelst Durst und möchtest etwas trinken. Das klappt aber nicht, weil Du so mit dem Atmen beschäftigt bist. Das ist so eine Art Ausnahmezustand, den Du nicht haben. möchtest. Wenn es dann gleich wieder den Berg hoch geht und Du wieder Anschlag für 20 Minuten fahren sollst, dann überkommen Dich ganz kurz Gedanken wie „was mache ich denn hier eigentlich gerade?“ Ich denke aber, das ist ganz normal und das hat jeder irgendwann mal.
Als die Fluchtgruppe dann weg war, war es echt hart, wieder in den Rhythmus zu kommen. Schließlich wollte ich mich von den Attacken und den damit verbundenen Strapazen erholen. Wieder „bei Sinnen “ habe ich gar nicht gegrübelt oder den vertanen Chancen nachgetrauert. Stattdessen habe ich mich neu fokussiert. Sprich mich auf das Essen und Trinken konzentriert und versucht, die Beine etwas schneller zu drehen lassen, um die Muskeln nicht zu stark pro Pedalumdrehungen zu belasten. Schließlich geht es ja am nächsten Tag schon wieder weiter.“
Fotos: Team Alpecin-Fenix