Gewinnt Mathieu van der Poel bei Olympia Gold im Cross Country?

23.07.2021

Krönt das niederländische Multi-Radtalent seine bislang hervorragend verlaufende Saison mit Olympia-Gold im Mountainbiken – nachdem er im Januar Cyclocross-Weltmeister wurde und im Juni bei seiner der Tour de France-Premiere nicht nur eine Etappe gewann, sondern über mehrere Tage auch das Gelbe Trikot trug?

Doch die Konkurrenz ist groß um das begehrte Edelmetall bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio. Zu den Favoriten auf Olympisches Gold zählen neben Mathieu van der Poel noch Nino Schurter, Sieger bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro, Mathias Flückiger (beide Schweiz) sowie Tom Pidcock aus Großbritannien. Pidcock, der für das britische Ineos Grenadier-Team fährt, fühlt sich in den drei Raddisziplinen genauso wohl wie van der Poel. Der junge Brite war bereits U23-Weltmeister im Cyclocross sowie im Cross Country, gewann 2020 auf der Straße den sogenannten Baby-Giro und wurde Zweiter beim Amstel Gold Race 2021.

Das mit Spannung erwartete Rennen findet am 26. Juli 2021 um 8 Uhr deutscher Zeit statt – vor den Toren Tokios in Izu City. Die Strecke für das Cross-Country-Rennen ist ein 4,1 Kilometer langer Rundkurs mit 150 Höhenmeter, den es mehrfach zu absolvieren gilt. Je nach Wetterbedingungen und Zustand des „Geläufs“ müssen die Männer zwischen sieben und neuen Runden darauf fahren.

Wie auch schon bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 und London 2012 Streckenarchitekt Nick Floros die Trails designt. Herausgekommen ist ein Parcours mit fünf kurzen steilen Anstiegen gefolgt von ebenso vielen technischen Abfahrten.

Explosivität wird gefragt sein, um die supersteilen Anstiege – insgesamt fünf pro Runde – hochzusprinten. Perfekte Radbeherrschung und Athletik – gerade im Oberkörper – dagegen auf den jeweils folgenden Abfahrten, die mit Felsen und Wurzelpassagen „gespickt“ sind. „Verblockt nennt man solche Trails“, erklärt Max Holz, ehemaliger Weltklasse-Mountainbiker und Sportwissenschaftler. „Hier ist es für die Athleten wichtig, eine gute Fahrlinie zu wählen, um einerseits möglichst wenige Stöße abfedern zu müssen, andererseits aber auch genug Speed zu haben, den man dann mit in den gleich folgenden nächsten steilen Anstieg nimmt“, so Holz weiter.

Vom reinen physiologischen Leistungsvermögen schätzt er Mathieu van der Poel und auch Tim Pidcock am stärksten ein. „Durch ihre körperlichen Veranlagungen und ihr Talent können sie das angehäufte Laktat, von dem besonders viel bei hochintensiven Belastungen entsteht, sehr gut verstoffwechseln“, erklärt Holz. Zudem schaffen sie einen perfekten Transfer ihres Leistungen vom Straßensport und Cyclocrossen hin zum Mountainbiken, während andere Fahrer dafür jahre- beziehungsweise jahrzehntelang nur die eine Disziplin trainieren, um Weltklasse zu sein.

Für Flückiger und Schurter – die beiden Spezialisten – spricht die Routine. Gerade Schurter weiß als amtierender Olympiasieger und mehrfacher Weltmeister sehr gut mit Druck umzugehen. „Dieses ‚Choking under Pressure‘ – wie Sportpsychologen es nennen – kann bei solch einen Wettkampf durchaus entscheidend sein“, erklärt Holz. Also wie gehe ich mit der Angst vor dem Misserfolg um, und wie vermeide ich, dass es tatsächlich Einfluss auf die Muskelaktivierung nimmt. „Alle vier habe schon wichtige und bedeutende Rennen gewonnen – aber die Olympischen Spiele sind eben doch noch mal etwas ganz anderes und Besonderes“, so Holz.

Ebenfalls etwas ganz Besonderes sind die klimatischen Bedingungen vor Ort – es soll heiß werden. Temperaturen von an die 30 Grad im Schatten gepaart mit einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit sind Bedingungen, die nicht jeder mag. „Aufgrund der Hitze und Schwüle würde ich das Favoriten-Quartett ein Quintett machen“, sagt Holz und erklärt: „Henrique Avancini aus Brasilien ist ein Fahrer, der diese Bedingungen aus seiner Heimat kennt. Zudem hat er sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert, was auch sein Weltcup-Sieg 2020 zeigt“, so Holz.

So oder so wird es über die Renndauer von rund 80 bis 90 Minuten hitzig werden, denn der Kampf um Gold entbrennt vom ersten Meter an.

Fotos: photonews.be, Stefan Rachow/mr.pinko