Interview mit Mathieu van der Poel zur Tour de France 2021
Es ist die erste Tour de France, die Mathieu van der Poel bestreitet und es ist nicht nur deswegen eine ganz besondere. Vor 45 Jahren bestritt sein Großvater und der Held vieler Franzosen, Raymond „Poupou“ Poulidor, den Grand Boucle zum 14. und letzten Mal. Gewinnen konnte er die Frankreich-Rundfahrt nie, wurde 3 Mal Zweiter sowie 5 Mal Dritter – und trug zudem keinen einzigen Tag das Gelbe Trikot. Im November 2019 starb Raymond Poulidor im Alter von 83 Jahren.
Mit der Aktion „Merci Poupou“ möchten Mathieu van der Poel und sein Team Alpecin-Fenix einem der größten französischen Sportsmänner gedenken und trugen auf der offiziellen Teampräsentation der Tour de France 2021 ein ganz spezielles Retro-Trikot – angelehnt an das von „Poupou“ (Mehr zur Aktion unter www.mercipoupou.com). Im Interview spricht Mathieu van der Poel über seinen Großvater und die Ziele bei seiner allerersten Frankreich-Rundfahrt.
Was empfinden Sie, wenn sie das spezielle Merci Poupou-Jersey tragen?
Es ist schon etwas ganz Besonderes, dieses Trikot zu tragen. Es ist angelehnt an das Jersey, das mein Großvater bei seinen Tour de France-Teilnahmen getragen hat. Es ist schön dies der Welt zu zeigen.
War Ihr Großvater Ihr großer Radsportheld?
Mein Großvater war mein Held, weil er einfach mein Großvater war und nicht aufgrund seiner Leistungen. Trotzdem ist es besonders der Enkel von Poupou zu sein.
Haben Sie sich auch gemeinsam Rennen angesehen?
Wir haben uns schon einige Rennen zusammen angeguckt. Aber wir konnten uns gar nicht so oft gesehen, da zwischen meinem und seinem Wohnort eine große Distanz lag. Er kam meistens in der Weihnachtszeit zu uns und wir haben uns gemeinsam Cyclocross-Rennen angesehen. Das waren aber schon sehr spezielle und auch sehr schöne Momente.
Und über die Tour haben Sie auch gesprochen?
Natürlich haben wir uns auch über die Tour de France unterhalten und es ist natürlich sehr schade, dass er mich nicht bei der Tour de France wird fahren sehen können. er hat mich auch gefragt, wann ich meine erste Tour de France bestreiten werde. Es ist ja doch ein bisschen später geworden als ursprünglich angenommen. Es wird ein sehr spezieller Moment sein, bei meiner ersten Tour de France-Etappe am Start zu stehen.
Haben Sie sich mit ihm zusammen alte Filmausschnitte und Fotos von der Tour angeschaut?
Ich habe keine alten Rennen von ihm gesehen. Ich habe allerdings alte Fotos von ihm und beispielsweise Jaques Anquetil zusammen gesehen.
Finden Sie es eigentlich in Ordnung, dass Ihr Großvater immer als der „ewige Zweite“ bezeichnet wird, weil er nie die Tour de France gewonnen hat und nie das Gelbe Trikot trug?
Es ist eigentlich ganz cool, dass er sich so einen Namen gemacht hat. Aber natürlich muss man auch wissen, dass er sehr viele andere Rennen gewonnen hat.
Hat Ihr Großvater Ihnen irgendwelche Tipps und Ratschläge gegeben?
Nein, Er hat mir keine speziellen Ratschläge gegeben. Er sagte mir immer, Radsport hat sich so stark verändert, dass er gar nicht nichts dazu sagen kann und möchte. Er sagte, es ist nicht dasselbe wie zu der Zeit, als er daran teilgenommen hat. Es ist natürlich auch schön, zu sehen, dass er seine eigene Karriere hatte und dass er uns unseren eigenen Weg gehen ließ. Und dass wir auch unsere eigenen Erfahrungen und Entscheidungen treffen konnten.
Erinnern sie sich noch an den Tag, als Sie das erste Mal bei der Tour waren?
Oh – meine erste Erinnerung an die Tour de France. Das ist eine schwere Frage. Es ist sehr lange her. Da war ich ein kleines Kind. Ich wollte da hingehen, um meinen Großvater zu sehen der ja immer als Gast mit dabei war. Ich weiß nicht mehr welches Jahr das war.
Welche Etappen haben Sie für sich bei der Tour ins Auge gefasst?
Ich habe mir die Etappen vor der Anreise zum Grand Depart noch nicht genau angesehen. Ich werde das aber ganz sicher machen, wenn wir das Roadbook bekommen. Aber ich habe schon gehört, dass die ersten Etappen mir vom Profil her liegen würden. Die erste Etappe zu gewinnen und das gelbe Trikot zu tragen, ist – glaube ich – der Traum eines jeden Rennfahrers. Es ist auch mein Traum.
Was wäre Ihnen lieber – das Gelbe Trikot zu tragen oder eine Etappe zu gewinnen?
Schwierige Frage …. Das Gelbe Trikot. Dies zu tragen ist ikonisch und sehr symbolträchtig.
Ist der Gewinn des Grünen Trikot ein Ziel für Sie bei dieser Tour?
Nein, nicht wirklich. Es ist meine erste Tour und ich muss schauen, wie es so läuft. Vielleicht wird es in der Zukunft ein Ziel für mich sein. Es kostet viel Energie, sich auf die Jagd nach dem Grünen Trikot zu machen und auf jeder Etappe Punkte einzuheimsen. Ich will ja nach der Tour zu den Olympischer Spielen und da muss ich auch ein wenig Energie sparen. Das ist aktuell nicht der richtige Moment, um danach zu streben.
Wer ist Ihr wichtigster Teamkollege bei dieser Tour?
Das ist eine gute Frage und es ist schwierig, da einen herauszupicken. In den ersten Etappen ist es sehr wahrscheinlich Jonas Rickaert. Er ist sehr gut darin, Position zu fahren und mich zu den wichtigen und entscheidenden Punkten zu bringen. Ich kann ihm zu 100 Prozent vertrauen. Und das ist sehr wichtig für mich.
Wer gewinnt Ihrer Meinung nach die Tour in diesem Jahr?
Ich glaube, dass Tadej Pogačar das das zweite Mal in Folge gewinnen wird.
Sie sind Niederländer, leben in Belgien und haben eine französische Mutter – und mit Alpecin einen deutschen Teamsponsor. Mit welchem Team sympathisieren Sie bei der Fußball-Europameisterschaft?
Ich bin ein Fan des gesamten Wettbewerbs. Ich unterstütze die niederländische Nationalmannschaft. Aber ich glaube, dass das französische Team das stärkste bei dieser Europameisterschaft ist. Wir werden sehen.
Was hat Ihr Großvater gesagt, als er Sie und Ihren Bruder David das erste Mal als Kind auf dem Rad gesehen hat?
Woran ich mich am meisten erinnere, ist, dass er sagte, wir hätten mehr Talent als er in dem Alter. Und er war sehr stolz auf uns – Merci Poupou.