Frühjahrsklassiker-Vorschau: Fleche Wallone 2023

18.04.2023

Am 19. April 2023 findet zum insgesamt 87. Mal der Ardennen-Klassiker Flèche Wallonne statt – mit der legendären Bergauf-Zielankunft Mur de Huy. Das Rennen führt von Herve nach Huy über 194,2 Kilometer und insgesamt 11 kategorisierte Anstiege.

Das Fahren über die Côtes und Cols in den Ardennen, die kaum länger als zwei bis drei Kilometer sind, dafür aber unrhythmisch und steil, kostet Körner. Wie auch der Kampf gegen den Wind, ehe es „in die Mauer“ geht. 1,3 Kilometer lang und bis zu 20 Prozent steil ist dieser Schlussanstieg, der sich unter dem ohrenbetäubenden Lärm der Zuschauer in ein Radsportstadion verwandelt. Dort fährt dann jeder, der sich Siegchancen ausrechnet, sein eigenes Rennen. Es wird nicht taktiert und nicht nach den Kontrahenten geschaut, vielmehr hat jeder Top-Fahrer seine ganz eigene Strategie – und gibt alles.

Denn neben der Explosivität, über die ein Fahrer hier verfügen muss, verlangt die Mur von Huy noch etwas anderes: die Fähigkeit, Schmerzen ertragen zu können. Oder, wie es die Rennfahrer sagen: „tief zu gehen“. Lungen und Beine brennen. Der Speichel schmeckt nach Blut. Das muss man ertragen können – und auch wollen. Wie hart und unerbittlich dieser Bergsprint ist, zeigt die Tatsache, dass Fahrer, noch in den Pedalen, einfach vom Rad kippen würden, wären da nicht Helfer, die sie abstützen. Es wird gekämpft bis zur völligen Selbstaufgabe – physisch wie psychisch –, was das Rennen so unglaublich ehrlich macht.

Die Strecke des Fleche Wallone 2023

Strecke des Rad-Rennens Fleche Wallone 2023

Der Start erfolgt in Herve und fährt dann anstelle der Côte de Tancrémont über die Côte de Trasenster (3,3 km bei 4,9 %).  Danach folgt die Côte des Forges (1,3 km bei 7,8 %) und spätestens hier wird die Ausreißergruppe des Tages stehen. Nach den beiden kategorisierten Anstiegen gibt es, wird es geruhsamer, ehe die Teams der Favoriten die Verfolgungsarbeit im Feld übernehmen.

Um und bei Rennkilometer 100 folgt eine Trilogie aus Côte de Ereffe( 2,1 km bei 5 %), Côte de Cherave (1,3 km bei 8,1 %)sowie Mur de Huy (1,3 km bei 9,6 %). Diese drei Anstiege müssen dann auch in dieser Reihenfolge je drei Mal erklommen werden, ehe der Sieger feststeht. Die zweite Überfahrt der Mur de Huy bei Rennkilometer 157 bietet Möglichkeiten im Finale, für eine Vorentscheidung zu sorgen oder sich abzusetzen. Die letzte Überfahrten der Côte de Ereffe und Côte de Cherave – letztere rund sieben Kilometer vor der Ziellinie – sind ideal für alle, die nicht ganz so explosiv im Bergaufsprint sind. Daher könnten hier einige starke Fahrer noch die letzte Chance zur Attacke nutzen.

Doch dann wird es richtig ernst. ein Letztes Ma geht es in die Steilwand. Die Mur de Huy verlangt den Fahrern nochmal alles ab. Die Helfer brettern mit allem, was sie haben in die Schlusssteigung und versuchen ihren Leader so gut wir möglich zu positionierten, ehe es kein „Halten“ mehr gibt. Pure Explosivität entlädt sich in diesem einzigartigen Bergaufsprint im Profi-Peloton.

Favoriten auf den Sieg beim Fleche Wallone 2023

Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) gilt zwar als Favorit. Allerdings wird der „Fleche“ immer durch einen kurzen, sehr explosiven Bergaufsprint entschieden. Nicht, dass der Slowene, das nicht kann. Es kommen aber durchaus mehr Fahrer in Frage, die ihm Paroli bieten können und ebenfalls explosiv sprinten können. Dazu zählen unter anderem Tom Pidcock (Ineos-Grenaduer), der immer besser in Form kommt und dem die im Vergleich zum Amstel Gold Race kürzere Renndistanz entgegenkommt. Ebenso wie das französische Kletter-As David Gaudu (Groupama – FDJ) sowie der explosive Sergio Higuita (Bora-hansgrohe), der solche Ankünfte mag. Auch Michael Woods (Israel-Premier Tech) konnte in Huy in den vergangenen Jahren immer mit vorderen Platzierungen glänzen.

Es wird eine Frage des Timings sein und der Ressourcen sein, die den Fleche Wallone entscheiden. Vielleicht greift der Slowene ja schon früher an und stellt die Renndramaturgie auf den Kopf?

Das Team Alpecin-Deceuninck beim Fleche Wallone 2023

Fotos. Photonews.be
Grafiken: A.S.O