Kampf um Rosa: Die Favoriten auf den Sieg beim Giro d’Italia 2022
Wer folgt auf Egan Bernal und holt sich den Gesamtsieg beim Giro d’Italia 2022? Vorhersagen auf den Giro-Sieg zu treffen, sind schwer. Meist „verabschiedet“ sich einer der Top-Favoriten früh durch Sturz oder Krankheit; ein Underdog dagegen wittert seine Chance, wächst über sich hinaus und fährt in Richtung Podium. Alpecin Cycling hat es trotzdem gewagt und stellt die Favoriten und Anwärter aufs Rosa Trikot der 105. Italien-Rundfahrt vor.
João Almeida (UAE Team Emirates)
Nachdem er sich 2021 der Stallorder seines damaligen Teams Deceuninck-Quick Step fügen musste, darf João Almeida jetzt als Leader seine Equipe anführen. Wie es sich anfühlt in Rosa zu fahren, weiß der Portugiese schon. 2020 trug er bereits mehrere Tage das Leader-Jersey. Unterstützung erhält der 23-Jährige von den Routiniers Davide Formolo und Rui Costa sowie dem jungem Kletter-Talent Alessandro Covi, mit denen gemeinsam er sich im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada auf die Italien-Rundfahrt vorbereitete.
Pello Bilbao (Bahrain-Victorious)
Allem Anschein traut das Team dem Spanier in diesem Jahr bei Giro mehr zu als seinem Landsmann Mikel Landa, der ebenfalls für Bahrain – Victorious am Start steht. Bilbao wurde im vergangenen Jahr, nachdem er beim Giro 13. wurde, bei der Tour 9. Auch hat der 32-Jährige ein sehr gutes Frühjahr hinter sich – mit erstklassigen Leistungen bei Tirreno-Adriatico, im Baskenland sowie der Tour of the Alps.
Richard Carapaz (Ineos Grenadiers)
Der Giro-Sieger des Jahres 2019 und Olympiasieger 2021 gilt unter den Experten als der Top-Favorit. Obwohl die ersten Rennen auf europäischem Boden nicht ganz zur Zufriedenheit verliefen, zeigte der Ecuadorianer bei der Katalonien-Rundfahrt seine Klasse, gewann eine Etappe und wurde Zweiter. Carapaz kann am Berg auf keinen geringeren als Richie Porte zählen, der in diesem Jahr seine Karriere beenden wird.
Romain Bardet (Team DSM)
Eigentlich war der Franzose zum Team DSM gewechselt, um die Bürde des Grand Tour-Contenders loszuwerden. Ohne diese Last fährt Bardet scheinbar befreiter, offensiver und attackiert auch öfter. Zuletzt bei der Tour of the Alps – als er sich am Schlusstag den Gesamtsieg sicherte. Die wenigen Zeitfahrkilometer und die langen schweren Etappen in der Schlusswoche kommen ihm entgegen. Mit dem jungen Thymen Arensman wird er einen starken Helfer an seiner Seite haben. Mit Luke Roberts als Sportlichen Leiter einen Strategen, der schon mit Tom Dumoulin den Giro gewann.
Simon Yates (Team BikeExchange-Jayco)
Der Australier hat mit dem Giro noch eine Rechnung offen – aus dem Jahre 2018. Damals fuhr er 18 Tage im Maglia Rosa, sah schon fast wie der Sieger aus, brach aber auf der Königsetappe ein. Auch im vergangenen Jahr hatte er den berühmten „jour sans“ – den schlechten Tag – an dem nichts ging. Trotz seiner super Vorbereitung mit drei Saisonsiegen, holte ihn das Schicksal des völligen Einbruchs während einer Etappenfahrt erst kürzlich wieder bei der Asturien-Rundfahrt ein. Bleibt er davor gefeit, geht der Sieg nur über ihn.
Wilco Keldermann | Jai Hindley | Emanuel Buchmann (Bora-hansgrohe)
Mit diesem Trio startet der einzige deutsche World Tour-Rennstall in den Giro. Wer tatsächlich der Leader sein wird, soll sich „auf dem Platz entscheiden“. Die Teamleitung gibt allen drei Fahrern die Chance, auf das Gesamtklassement zu fahren und will dann situativ entscheiden, wer Kapitän und wer Helfer wird. Im Idealfall fahren alle drei lange in Schlagdistanz zur Spitze. Hindley sowie Keldermann waren 2020 nahe dran am Giro-Sieg und wurden am Ende Zweiter und Dritter. Für Hindley spricht seine explosivere und spritzigere Fahrweise, für Kelderman die Erfahrung und für Buchmann die Tatsache, dass er im Verlauf einer dreiwöchigen Rundfahrt nicht müder und schlechter wird. Und letzteres kann bei dieser harten Schlusswoche extrem entscheidend sein.
Miguel Ángel Lopéz (Astana Qazaqstan Team)
„Superman“ ist nach seinem Ausflug zu Movistar zurück bei seinem alten Team und hofft darauf, genauso gut unterstützt zu werden wie bei seinem Giro-Podium aus der Saison 2018. Die Aufmerksamkeit der Fans wird er jedoch mehr als teilen müssen. Der mehrfache Giro-Sieger Vincenzo Nibali ist ebenfalls zum Astana Qazaqstan Team zurückgekehrt und wird wohl auch die letzte Italien-Rundfahrt seiner Karriere bestreiten.
Alejandro Valverde (Movistar Team)
Der Altmeister auf Abschiedstournee. „Rosa“ am Ende wäre dann doch zu hochgegriffen, aber bei einem normalen Rennverlauf könnte Valverde auf dem Podium landen. Die Erfahrung besitzt er. Fraglich nur, ob er noch genug Reserven hat beziehungsweise genug Frische für die schwere dritte Woche besitzt. Für eine Überraschung in seinem Team könnte der junge kolumbianische Kletterer Iván Ramiro Sosa sorgen, der kurz vor dem Giro-Start die Asturien-Rundfahrt gewann.
Foto: RCS Sport/La Presse