Wer holt Rot? Favoriten-Check für die Vuelta a Espana 2020

19.10.2020
Foto: © A.S.O / PHOTOGOMEZSPORT2019

Holt sich Chris Froome seinen dritten Titel bei der Vuelta? Oder gewinnt Primož Roglič nach 2019 erneut das rote Trikot? Oder ist dieses Mal jemand anderes dran? Vielleicht stehen am Ende auch Tom Dumoulin oder Woet Poels in Madrid ganz oben. Beide haben mit der Spanien-Rundfahrt noch eine Rechnung offen. Alpecin Cycling macht den Favoritencheck für die 75. Austragung der Vuelta a España.

Tom Dumoulin, 29 Jahre, Team Jumbo-Visma
Vuelta-Teilnahmen: 2
Beste Platzierung bei der Vuelta: 6. (2015)

Rollentausch: Vom Edeldomestiken bei der Tour zum Kapitän bei der Vuelta. Schaut man auf die Performance von Dumoulin scheint das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt. Denn der „Schmetterling aus Maastricht“ zeigte nach seiner langen Rennpause – von Juni 2019 bis zum Corona-bedingten Restart 2020 –, dass er mit jedem Renntag stärker wurde. Zudem hat Dumoulin mit der Vuelta noch eine Rechnung offen.
2015 fuhren ihn die Konkurrenten ein Tag vor Schluss aus dem roten Trikot des Führenden und er landetet am Ende in Madrid auf Rang sechs. Damals hatte Dumoulin allerdings kein starkes Team an seiner Seite, das ihn unterstützte. 2020 ist das anders. Fünf der acht Tour-Starter sind in Spanien mit am Start. Dabei snd so starke Helfer für die Berge wie Robert Gesink, George Bennett, Sepp Kuss und Primož Roglič.

Primož Roglič, 30 Jahre, Team Jumbo-Visma
Vuelta-Teilnahmen: 3
Beste Platzierung bei der Vuelta: 1. (2019)

Wer Tom Dumoulin zum Kreis der Favoriten zählt, darf seinen Teamkollegen Primož Roglič, der als Vorjahressieger mit der Nummer eins ins Rennen geht, nicht vergessen. Der Slowene, der sich nach dem Tour-Schock schnell erholt hat, fuhr eine starke Weltmeisterschaft und siegte bei Lüttich-Bastogne-Lüttich. Doch ist der Slowene bereit, sich erneut den Druck als Leader einer Drei-Wochen-Rundfahrt aufzubürden? Oder ist es gerade seine Chance, als zweiter Mann ohne Stress möglichst lang auf Tuchfühlung zur Spitze zu bleiben und im entscheidenden Moment eine wichtige taktische Option zu sein.

Chris Froome, 35 Jahre, Ineos Grenadier
Vuelta-Teilnahmen: 6
Beste Platzierung bei der Vuelta: Sieg (2017, 2011)

Wie fit ist der Sieger der Spanien-Rundfahrten von 2017 und 2011 eigentlich? Die Antwort interessiert sicher nicht nur die Fans, sondern auch seine Kontrahenten. Weder beim Critérium du Dauphiné noch bei Tirreno-Adriatico knüpfte der vierfache Tour-Sieger annähernd an seine alte Stärke an. Seit seinem schweren Unfall bei Criterium im Juni 2019 hat er keine Top Ten-Platzierung mehr erzielt. Doch die sportliche Leitung von Ineos Grenadier wird wissen, was sie tut. Auf jeden Fall steht „Froomie“ ein Top-Team zur Seite. Allen voran Richard Carapaz, der Giro-Sieger von 2019. Er wäre auch ein möglicher Ersatz-Kapitän falls der mittlerweile 35-jährige Froome nicht in Form ist.

Enric Mas, 25 Jahre, Movistar Team
Vuelta-Teilnahmen: 2
Beste Platzierung bei der Vuelta: Rang 2 (2018)

Der junge Spanier zeigte bei der Tour seine gute Form. Dort hatte es den Anschein, dass er nicht von Tag zu Tag müder, sondern stärker wurde. Mit dem Selbstvertrauen und einem starken Team um sich herum, ist das Podium bei der Vuelta für den starken Kletterer durchaus machbar. 2018 war Mas, damals noch in Diensten von Quick Step bereits Zweiter. Entscheidend wird sein, ob Altmeister Alejandro Valverde sich in den Dienst des 25-jährigen Mallorquiner stellt und Movistar eine klare Stallordnung vorgibt.

Thibaut Pinot, 30 Jahre, Groupama – FDJ
Vuelta-Teilnahmen: 3
Beste Platzierung bei der Vuelta: Rang 6 (2018)

Ein großes Fragezeichen steht hinter Thibaut Pinot. War er doch im Spätsommer bei der Tour angetreten, der erste Franzose zu sein, der nach langer Zeit in Gelb nach Paris fährt. Geblieben sind Leid und Tränen – bei ihm und seinen Fans. Doch der 30-Jähtrige gibt sich selbstbewusst für eine Top-Platzierung bei der Vuelta. Selbst wenn Pinot physisch in sehr guter Form ist, reicht das nach den Rückschlägen der Vergangenheit aus? Was für Pinot spricht, die letzte Top-Platzierung bei einer Grand Tour erzielte er bei der Vuelta. 2018 wurde er Sechster und gewann zwei Etappen. Zählen kann Pinot auf seinen Edelhelfer und Co-Kapitän David Gaudu, der sich von seinen Verletzungen, die er sich bei der Frankreich-Rundfahrt zuzog, erholt hat.

Dan Martin, 34 Jahre, Israel Start-Up Nation
Vuelta-Teilnahmen: 6
Beste Platzierung bei der Vuelta: 7. (2014)

Der Ire musste seine Hoffnungen bei der Frankreich-Rundfahrt aufs Podium zu fahren, wegen einer starken Verletzung begraben. Doch mittlerweile scheint der 34-Jährige davon wieder voll genesen und zeigt seine aufstrebende Form: Platz fünf beim Fleche Walone und Rang 11 bei Lüttich-Bastogne-Lüttich beweisen das. Ein starkes Team braucht der explosive Kletterer nicht, dass hat er in der Vergangenheit schon öfter gezeigt. Was er benötigt, ist das Glück nicht zu stürzen und gesund zu bleiben, dann reicht es auch für eine Platzierung weit vorne.

Wout Poels, 33 Jahre, Bahrain – McLaren,
Vuelta-Teilnahmen: 5
Beste Platzierung bei der Vuelta: 6. (2017)

Bei der Tour war der Niederländer noch Edelhelfer für Mikel Landa, jetzt darf er bei seinem neuen Team Bahrain-Mc Laren auf eigene Rechnung fahren. In den vergangenen sechs Jahren bei Sky beziehungsweise Ineos war das ja nur selten der Fall. An seine Einsätze bei der Spanien-Rundfahrt hat der Kletterer gemischte Gefühle. Als er Chris Froome 2017 zum Vuelta-Sieg verhalf, belegte er selbst Rang sechs im Gesamtklassement und war, wie so oft in seiner Karriere, der beste Kletterer in der Schlusswoche einer Grand Tour. Im vergangenen Jahr sollte er zusammen mit seinem damaligen Teamkollegen Tao Geoghegan Hart als Doppelspitze „aufs Gesamtklassement fahren“, was gründlich misslang. Schon nach der zweiten Etappe war das Duo raus, um den Kampf ums Podium.

Guillaume Martin, 27 Jahre, Cofidis
Vuelta-Teilnahmen: –
Beste Platzierung bei der Vuelta: –

Der „Philosoph und Schriftsteller“ feiert verständlicherweise sein Debüt bei der Vuelta, da er ja erst seit diesem Jahr in einem WorldTour-Team fährt. Nach seinem starken Auftritt bei der Tour, als er am Ende als Elfter bester Franzose wurde, wollte ihm Teammanager Cedric Vasseur ein starkes Team zur Seite stellen – mit den Brüdern Herrada. Doch ein positiver Covid 19-Test bei Jesus, der 2019 eine Etappe bei der Vuelta gewann, kurz vor Start der Spanien-Rundfahrt, beeinflusst dies Unterfangen ein klein wenig. Nichts destotrotz kann Martin auf eine kletterstarke Truppe zählen.