Rennrad fahren in der Gruppe – die wichtigsten Regeln

22.08.2019

Fahren im Feld – was bei den Profis so einfach aussieht, erfordert sehr viel Disziplin, Vertrauen, Umsicht und Training. Wer als Hobbyradsportler bei einem Jedermann-Rennen oder Training in einer Gruppe mitfahren will, um vom Windschatten zu profitieren, musst sein Rad sicher beherrschen und einige ungeschriebene Gesetze befolgen. Alpecin Cycling erklärt welche.

Vorne im Peloton fahren und das Mittelfeld meiden

Schon mal beobachtet, wo die Favoriten auf den Toursieg im Feld fahren? In der zweiten oder dritten Reihe. Hier können sie den energiesparenden Windschatten nutzen und trotzdem jederzeit auf eine veränderte Rennsituation reagieren – zum Beispiel bei Gefahrenstellen oder Attacken. Weiter hinten lässt sich zwar oft ein bisschen mehr Energie sparen, dafür ist die Sturzgefahr viel höher. Durch die vielen Fahrer, die Rad an Rad rollen, sind Bremsweg und Ausweichmöglichkeit sehr beschränkt. Die Folge: Massensturz.

Mitstreiter vor Gefahren warnen!

Wer vorne fährt, hat die Verantwortung für die nachfolgenden Fahrer. Er muss deshalb rechtzeitig vor möglichen Gefahren wie Schlaglöchern, großen Steinen, Verkehrsinseln oder parkenden Autos warnen. Im Idealfall geschieht das per Handzeichen – diese internationale Zeichensprache verstehen alle Rennradfahrer. Jeder der dahinter fährt, sollte das Zeichen nach hinten weitergeben. Zusätzlich kannst auch bei Gefahren noch gerufen wer. Wer ganz hinten im Feld fährt, kannst die vor ihm Fahrenden per Zuruf warnen, wenn ein Auto zum Überholen ansetzt.

Im Training das Formationsfahren üben!

Vom Windschatten in einer Gruppe profitieren und so auf eine hohe Reisegeschwindigkeit zu kommen, macht enorm Spaß. Doch dafür muss das Fahren in Formation beherrscht werden. Neben der klassischen Zweierreihe sollten Rennradfahrer auch die Technik des Windkantenfahrens und des belgischen Kreisels beherrschen. Anders als bei der klassischen Doppelreihe wechseln beim belgischen Kreisel die Fahrer an der Spitze ständig.

Das Tempo ist hier viel höher und erfordert von den Fahrern auch ein gleichmäßiges Tempo. Daher immer darauf achten, die Geschwindigkeit zu halten. Beim Fahren auf der Windkante versetzt zum Vordermann fahren, so dass man seitlich von seinem Windschatten profitierst. Allerdings sind die Teilnehmer einer solchen Gruppe durch die Breite der Straße limitiert.

Der Situation angemessen bremsen – und nie ruckartig!

Der Sicherheitsabstand zum Hintermann beträgt beim Fahren im Feld meist nur wenige Zentimeter. Daher nie voll bremsen, sondern versuchen dosiert zu verzögern beziehungsweise vor etwaigen Hindernissen geschmeidig auszuweichen. Zur eigenen Sicherheit sollte der Fahrer nie voll an der Vorderradbremse ziehen, sonst geht er selbst bei geringen Geschwindigkeiten voll über den Lenker. Idealerweise lässt sich auf einem abgesperrten Parkplatz das Bremsverhalten des Rades üben.

Das Essen und Trinken sowie das „Umdrehen“ auf dem Rad üben!

Wer nach der Trinkflasche oder dem Riegel in der Trikottasche greift oder sich umdreht, verlässt oft die Fahrlinie und weicht unbewusst zur Seite aus. Um das zu verhindern, solltest man das alles vorher schon üben, damit es geradezu blind – gerade bei der Flasche – funktioniert. Wer sich beim Fahren in der Gruppe umdrehen will, kann sich mit der Hand auf der Schulter seines Nebenmannes abstützen. Aber Vorsicht: Der Begleiter muss selbst schon ein geübter Rennradfahrer sein.

Sauber die Fahrlinie durch die Kurve ziehen!

Eine schlechte Kurventechnik ist häufig Ursache für Unfälle bei Jedermann-Rennen. Die Fahrer halten nicht die eingeschlagene Linie ein und lassen sich durch die Fliehkraft nach außen treiben. Auch ein zu starkes Einlenken zum Scheitelpunkt der Kurve hin, sorgt für Gefahr. Hier wird plötzlich auf der Linie eines anderen Mitstreiters gefahren und ihm so der Weg zugemacht. Deshalb immer versuchen, Herr über sein Rad zu bleiben und eventuell mit leichtem „Nachdrücken“ die Kurve sauber zu fahren. Am besten lässt sich das wenn man alleine fährt – dabei aber bewusst versuchen, im Renntempo die Kurven anzusteuern.

Wer aus dem Sattel geht, zeigt es an!

Tückisch wird es, wenn der Vorausfahrende für seine Hintermänner überraschend aus dem Sattel geht, beispielsweise beim Anstieg oder wenn er sich kurz aufrichten will. Denn dann „schiebst“ er nämlich sein Rennrad nach hinten, da der Zug auf die Kette nachlässt und ihn der plötzlich größer gewordene Luftwiderstand bremst; die Gefahr eines Auffahrunfalls ist riesig. Deshalb wie die Profis agieren: Bevor diese in den Wiegetritt wechseln, spreizen sie bei beiden Händen die Finger ab, um das Manöver ihren Mitstreitern anzuzeigen. 

Bei Rennen an der Führungsarbeit beteiligen!

Lutscher – kein Radfahrer wird gerne so tituliert, also sollte man auch etwas dafür tun und in die Führung gehen. Wer zu platt bist, sollte zumindest guten Willen zeigen und einfach nur kurz seine Nase in den Wind halten und sich dann wieder verabschieden. Das ist immer noch besser, als nur am Hinterrad zu „lutschen“.

In Schwächephasen lieber abreißen lassen!

Die meisten Stürze passieren im Training und Rennen, wenn die Fahrer keine Energie mehr haben und unaufmerksam sind. Wer also schon überkreuzt guckt und merkt wie seine Kräfte massiv schwinden, sollte lieber abreißen lassen. Dann kurz erholen beim langsameren Fahren und sich der nächsten Gruppe anschließen, die von hinten kommt. Oder in seinem Rhythmus das Rennen oder Training zu Ende fahren. Sicherheit geht vor.

Fotos: Alpecin Cycling/Henning Angerer