Ernährungs-Tipps: Fueling-Strategie für Radmarathon und Gravel-Rennen

22.08.2022

Damit der Treibstoff im Wettkampf nicht zur Neige geht, sollten Hobbyradsportler ihre Energietanks im Voraus optimal befüllen und während des Rennens regelmäßig für Nachschub sorgen.

Der kleine Hunger erscheint wenig bedrohlich, wenn er in der Werbung auftaucht und knuffig anzuschauen ist. Begegnet er einem allerdings im Rennen, ist es schon zu spät. Dann nämlich besitzt der Sportler kaum mehr Zucker, den er aber so dringend benötigt, um volle Leistung zu erbringen. Wie ein Hobbysportler „voll geladen“ in ein kräftezehrendes Rennen wie einen Alpen-Marathon oder ein 300-Kilometer-Event gehen kann, erklärt Alpecin Cycling.

Carboloading an den Tagen zuvor

Mit der Wettkampfernährung sollten Hobbysportler keineswegs erst am Renntag beginnen, sondern schon in den Tagen zuvor. Denn dann sollten Sie darauf achten, vermehrt Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Das ist keinesfalls ein Freifahrtschein, um Schokolade, Gummibärchen oder Cola zu konsumieren. Aber die die klassischen kohlenhydratreichen Sättigungsbeilagen wie Reis, Kartoffeln und Nudeln dürfen auf die Teller wieder etwas größer werden. Auch ein Stück Kuchen oder ein Muffin sind erlaubt – jedoch keine Torte.

Experten raten dazu, zwischen 7 bis 12 Gramm Kohlenhydrate pro Kilo Körpergewicht pro Tag aufzunehmen – bei reduziertem Training. Wobei die Obergrenze von 12 Gramm den Profis vorbehalten ist. Ein gutes Carboloading macht sich übrigens auf der Waage bemerkbar. Da jedes Gramm gespeichertes Kohlenhydrat auch drei bis vier Gramm Wasser bindet, darf man sich nicht wundern, wenn man dann zwei bis drei Kilo mehr wiegt.

Ernaehrung im Trainingslager

Die klassische Pasta-Party am Vorabend des Rennens kommt also viel zu spät und ist nett als Get-together aber nicht als Auflade-Menü. Ach ja, mit einem andren Mythos sollte in puncto Carboloading auch aufgeräumt werden: Für das klassische Carboloading benötigt es kein Leerfahren der Glykogenspeicher mehr, wie lange angenommen. Das Risiko hier in eine Unterzuckerung zu kommen und die Hormone verrücktspielen zu lassen, ist wenige Tage vor dem Wettkampf im Übrigen viel zu groß.

Um den vor Aufregung eh schon nervösen Magen nicht über Gebühr zu belasten, sollte auf fetthaltige und ballaststoffreiche Lebensmittel  in den letzten zwei Tagen vor dem Rennen verzichtet werden. 

Und bitte vor lauter Essen das Trinken nicht vergessen! Viele Hobbyfahrer und auch einige Profis gehen oft schon leicht dehydriert ins Rennen. Deshalb immer schön viel trinken zum Essen und das „Salz in der Suppe“ nicht vergessen, denn zu wenig Natrium kann in der Belastung auch zu Leistungseinbußen und Krämpfen führen.

Mehr Infos zum optimalen Sportgetränk

Frühstück am Renntag

„In der Theorie kann man viel empfehlen, aber die letzte Mahlzeit vor dem Start ist reine Nervensache“, gibt Ex-Profi Jörg Ludewig  zu bedenken. Die Sportler sind häufig sehr aufgeregt ob der großen Herausforderung. Außerdem ist es nicht jedermanns Sache mitten in der Nacht zu essen – denn der Start ist bei vielen Radmarathons zwischen sechs und sieben Uhr in der Früh.

Zwei Stunden vorher sollte sich der Marathonisti dann schon an den Esstisch setzen. Beim Frühstück gilt es, sich kohlenhydratreich und ballaststoffarm zu verpflegen. Das kann das gewohnte Müsli sein, das man über Nacht in Wasser einlegen kann, damit es nicht erst im Magen aufquillt. Oder aber Milchreis, Pfannkucken oder belegte Brote.

„Profis bei der Tour essen das alles zum Frühstück und noch viel mehr – allerdings müssen sie nicht so früh aufstehen und sind drei Wochen im Sattel“, erklärt Ludewig, der selbst drei Mal die Tour de France beendet hat. Doch ob Profi oder Hobbyfahrer, es muss schmecken und verträglich sein. Vertraue deshalb Bewährtem, damit es Dir nicht so geht wie Ludewig bei einer vermeintlich leichten Tour-Etappe: „Ich hatte Lust auf ein Schoko-Crunch-Müsli. Schmeckte super. Allerdings lag es mir die gesamte Etappe über so im Magen, dass ich als Letzter kurz vor dem Besenwagen ins Ziel kam. Erst danach hat es mich unfreiwillig verlassen.“

Während des Marathons: Essen auf Rädern

Der Weg zum Start, ob auf dem Rad oder im Auto, lässt sich nutzen, um noch ein wenig zu snacken. Gerade für diejenigen, die beim eigentlichen Frühstück nicht ganz so viel runterbekommen haben. Eine Banane oder ein belegtes Brötchen mit Marmelade oder Honig sowie ein paar Schlucke aus der Trinkflasche, geben wichtigen Treibstoff fürs Rennen. Dieses Pre-Snacking lässt sich bis zum Startschuss durchziehen. Wichtig dabei: Häppchenweise essen, gut kauen und das Ganze mit genug Flüssigkeit herunterspülen, damit im Magen „nichts verklumpt“.

Idealerweise sollte gleich zu Beginn des Wettkampfes mit dem Essen und Trinken weitergemacht werden. Allerdings sind Startphasen meist sehr hektisch und fordern daher die volle Aufmerksamkeit. „Lieber zu Rennbeginn beide Hände am Lenker lassen und erst essen sowie trinken, wenn sich der Stress der Startphase gelegt hat“, empfiehlt Ludewig. „Wichtig ist auch, dass man das Verpflegen im Fahren beherrscht. Ich habe schon viele Hobbyfahrer gesehen, die dabei fast stürzen oder sich verschlucken. Daher das Greifen nach der Trinkflasche und dem Proviant in der Trikottasche üben. Das muss im Rennen blind funktionieren – und immer darauf achten, beim Verpflegen durch die Nase zu atmen“, sagt Ludewig.

„Wen das Gefummel beim Öffnen der Riegelverpackung nervt, der sollte diese leicht einreißen, bevor es losgeht; und kann dann sogar den Energie-Barren noch unter den Hosenbund der BIB-Shorts schieben. Sieht allemal besser aus als die Triathleten-Fresstasche auf dem Oberrohr“, sagt Ludewig.

Ernährung beim Radmarathon

Generell sollte auf dem Menüplan fürs Rennen nur Bewährtes stehen. Am besten vorher beim Rennveranstalter erkundigen beziehungsweise auf dessen Homepage nachlesen, was an Rennverpflegung angeboten wird beziehungsweise wer Ernährungssponsor des Rennens ist. So kann man  vorher schon im Training ausprobieren, was man von den angebotenen sportlichen Snacks verträgt.

Wichtig ist, dass sich zu keiner Zeit Hunger bemerkbar macht. Denn eine Unterzuckerung lässt die Drehzahl des körpereigenen Motors ganz schnell sinken.

„Bei den Trinkflaschen würde ich zu Beginn eine mit einem Iso-Drink befüllen, die andere mit Wasser. So hast Du was gegen den Durst dabei und kannst auch den Energieverbrauch kompensieren“, rät Ludewig. Immerhin verbrennen Finisher bei den großen Radmarathons zwischen 6000 und 8000 Kalorien – natürlich abhängig von Intensität, Trainingszustand und Gewicht.

In Summe sollten pro Rennstunde um die 60 Gramm Kohlenhydrate gegessen beziehungsweise getrunken werden. Sehr gut austrainierte Athleten können bis zu 90 Gramm aufnehmen. Die 60 Gramm Kohlenhydrate können je nach Zusammensetzung aus 0,5 Litern Iso-Drink plus einem Riegel stammen oder aber aus drei Gels. Hilfreich ist es daher, vorher zu wissen, wie viele Carbs wo drin sind, und sich einen Ernährungsplan zu machen.

Koffein kickt und steigert die Leistung

Koffein kann im Rennen tatsächlich die Leistung legal steigern. Denn es aktiviert – vereinfacht gesagt – einfach mehr Muskelfasern. Allerdings sollte mit dem „Konsum“ von Koffein, sei es in Riegel, Gels oder Getränken, nicht erst im Rennen beginnen werden. Wichtig ist es, koffeinhaltige Produkte bereits im Training auszuprobieren, denn jeder reagiert anders auf diesen Kick. Bei all den positiven Effekten darf man nicht vergessen, dass es auch zu Nebenwirkungen wie zum Beispiel Unruhe, Schlaflosigkeit oder Magen-Darm-Beschwerden kommen kann. Neuere Studien zur Sporternährung empfehlen, Koffein nicht erst gegen Rennende, sondern bereits vor dem Start und dann übers Rennen verteilt und dosiert aufzunehmen.

Fotos: Alpecin Cycling/Henning Angerer