Kaufberatung Indoor-Cycling: Rolle und Smart-Trainer
Wer sich zum ersten Mal mit dem Thema Indoor Cycling beschäftigt, sieht sich einer Flut von Trainern und Geräten gegenüber. Aber was braucht es eigentlich überhaupt, was passt zu den eigenen Bedürfnissen, was will man eigentlich wirklich – oder was wäre einfach optimal? Fragen, auf die es hier Antworten gibt!
Um seine Radsaison stil- und sinnvoll zu verlängern – oder sich strukturiert auf kommende Rides und Radrunden vorzubereiten, bietet modernes Indoor Cycling eine echte und effektive Alternative.
Indoor Cycling moderner Ausprägung hat schon lange seinen miefigen, drögen Beigeschmack vergangener „Rollenfahrten“ verloren. Moderne Smart Trainer von erfahrenen Anbietern wie Wahoo Fitness, Elite, Garmin, Saris oder Cycle, ergänzt durch sinnvolles Zubehör, schaffen ideale Voraussetzungen, um die mitunter begrenzte Trainingszeit – nicht nur im Winter – effektiv nutzen zu können. Sowohl in Sachen Hardware als auch im Bereich der Software-Apps hat sich in den vergangenen Jahren eine Menge getan.
Ganz klar, ein moderner Smart-Trainer ist das zentrale Tool, wenn es um Indoor-Cycling geht. Im Gegensatz zur alten, dummen „Rolle“ bieten Smart-Trainer ein wesentlich realistischeres Tretgefühl – oder anders ausgedrückt: was sich früher anfühlte wie „organisiertes Beine fallen lassen“ ist schon seit Jahren echtes Radfahren, nur halt drinnen.
Gefahren wird auf dem eigenen Rad. Dieses wird mit wenigen Handgriffen auf den Trainer montiert und ab geht die wilde Fahrt. Was den Vorteil hat, dass ihr auch weiterhin in eurer gewohnten Körperhaltung trainiert.
Qualitativ hochwertige Geräte erst machen ein ergonomisch korrektes Training möglich und verfügen über die entsprechenden Verbindungsmöglichkeiten über NFC, Bluetooth, ANT+ oder sogar LAN bzw. WLAN. Dazu kommen sogenannte „Smart Funktionen“ wie Leistungsmessung, effektive Bremsfunktionen etc. Kurz gesprochen sind moderne, smarte Trainingsgeräte heute in der Lage, mit entsprechenden Softwareplattformen zu kommunizieren und euer Training in vielen Varianten interessant und effektiv zu gestalten.
Indoor-Trainer: Das Rundum-Sorglos-Paket für Einsteiger
Sicher gibt es auch heute noch die Möglichkeiten, einen herkömmlichen Trainer mittels Sensoren am Rad mit einer Software-App zu verbinden. Wirklich toll sind solche Lösungen allerdings nicht. Als Einstieg, der auch Spaß bringt und effektives Trainieren ermöglicht, bieten verschiedene Anbieter sogenannte smart wheel on Trainer im Preisbereich unter 500 Euro an.
Hierbei bleibt das Hinterrad im Rad und treibt eine kleine Rolle am Trainer an. Die Smart-Einheit am Trainer regelt dann alles rund ums Thema Verbindung zur Trainings- oder Community-App. Vorteil dieser Trainer ist die sehr einfache Montage des Rades sowie der relativ geringe Einstiegspreis. Aber wie so oft hat das Ganze auch eine andere Seite.
Durch die Kontaktstelle Reifen-Antriebsrolle werden solche Trainer etwas lauter, was den Hausfrieden mit Nachbarn oder Mitbewohnern stören könnte. Vor allem dann, wenn man dann den Ton des Fernsehers mit der App noch etwas lauter dreht. Auch in Sachen Genauigkeit und Reaktionsvermögen stellen solche Trainer eher einen Kompromiss dar.
Darüber hinaus gibt es selbst in diesem Bereich unter 500 Euro bereits Direct Trainer, die allerdings auch eher zur Einsteigerfraktion gezählt werden müssen, gerade was die Verlässlichkeit der Messwerte angeht.
Indoor-Trainer: Die Mittelklasse – jetzt geht´s ab!
Einen wirklich guten „Ritt“ in der Welt des virtuellen Radtrainings ermöglichen sogenannte Direct Trainer. Preislich bewegen sich die Geräte im Bereich rund 700 bis 900 Euro. Bei diesen Direct Trainer wird auch das eigene Rad verwendet. Um dies in das System einzuspannen, muss man lediglich das eigene Hinterrad ausspannen. Der Antrieb wird durch einen Trainer ersetzt, auf dem eine entsprechend passende Kassette montiert ist.
Solche Trainer bieten, dank eines ordentlichen Schwungrades und guter Kontrollhardware, ein realistisches Fahrgefühl, sind leise und in der „Verständigung“ mit entsprechenden Softwareplattformen dank Bluetooth und ANT+ auch deutlich flexibler. Neben einer recht hohen Genauigkeit glänzen zumindest einige dieser Mittelklassemodelle bereits mit ordentlichen Reaktionszeiten und einer hohen Temperaturbeständigkeit.
Alles zusammen Features, die in der Welt des Indoor Cyclings dauerhaft Spaß bringen und die Welt in Richtung community rides und die abendliche Ausfahrt in den eigenen vier Wänden erst möglich machen. Darüber hinaus bilden Modelle wie der KICKR Core genügend Möglichkeiten, ins strukturierte Training und damit in den effektiven, kurzweiligen Aufbau der Form fürs nächste Frühjahr zu starten. Gerade Intervalleinheiten mit häufig wechselnden Intensitäten werden auf solchen Trainern recht passabel abgebildet.
Indoor-Trainer: Premier League – mit und ohne Racing
Ein „Regalfach“ oben drüber rangieren die Smart-Trainer des Top-Segments. Solche Geräte können alles, was ein Mittelklasse-Trainer auch kann, nur eben alles noch eine bis zwei Stufen besser. Will heißen, so ein Top-Trainer wie zum Beispiel der KICKR Wifi ist noch leiser, noch reaktionsschneller in der Kommunikation mit Softwareplattformen und Trainingstools, noch genauer in der Wattmessung, vermittelt ein noch realistischeres Tretgefühl, verträgt noch mehr Maximalwatt und ist darüber hinaus auch noch kompakter.
Was am Ende ebenfalls ein Argument sein kann, wenn die Indoortraining-Station eben nicht permanent im Wohn- oder Schlafzimmer stehen soll. Dazu kommt eine deutlich schnellere und ausfallsichere Datenkommunikation mittels LAN oder WLAN, zusätzlich zu Bluetooth und ANT+ Verbindungen zwischen Trainingshardware und Softwareplattformen auf PC, Laptop oder mobilen Endgeräten.
Gerade im Bereich der (semi-)professionellen virtuellen Rennen werden solche Top-Trainer inzwischen von den Veranstaltern gefordert, um eben ein Maximum an Genauigkeit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Was zeigt, dass solche Top-Geräte nicht nur „nette Tech-Spielerei“ sind, schließlich wird bei solchen Rennen inzwischen richtig Geld ausgeschüttet.
So verdient ein guter Online-Profi deutlich mehr Preisgeld als jeder Conti-Farer auf der Straße. Preislich ist man allerdings auch in der Oberklasse angekommen, unter 1.200 Euro wird man da nicht wirklich fündig.
Smart-Trainer-Bikes: eine eigene Liga
In einer eigenen Liga spielen dann noch die Smart-Trainer-Bikes – auch vom Budget her. Da gehen dann gerne mal 2.500 – 4.000€ aufs Konto des Anbieters. Wo bei allen „normalen“ Smart Trainern das eigene Rad (oder Zweit- oder Dritt-Bike) montiert werden muss, bietet ein modernes Trainer-Bike eben die perfekte Komplettlösung aus Trainingsmodul und „Restfahrrad“.
Diese Bikes sind in allen Richtungen perfekt einstellbar. Somit können sie die gewohnte Sitzposition in allen Belangen genau abbilden. Dabei hilft meist eine entsprechende App, welche entweder die bekannten Daten aus einem Bikefitting übernimmt oder mittels Fotoanalyse des Lieblingsfahrrades diese Daten ermittelt. Anschließend gibt die App für jeden Einstellparameter den entsprechenden Wert vor – und kann selbst mehrere User verwalten.
Diese Daten und die spezifische Hardwarekombination ermöglichen auch einen schnellen Fahrerwechsel, sind solche Bikes doch innerhalb weniger Sekunden entsprechend umkonfiguriert. Von der Verbindungsseite her treffen wir auch hier auf Bluetooth, ANT+ und im besten Fall auf die schnellere Wifi-Connection. Am Ende bilden solche Gesamtlösungen wie das KICKR Bike die ultimative Lösung für Mehrfach-User-Haushalte.
Und wer dann die 4.000€ gegenrechnet und sich einen Oberklassetrainer plus Steigungssimulator plus neu anzuschaffendes „Trainer-only-Fahrrad“ zusammenstellt, kommt am Ende auch in einen ähnlichen (wenn nicht höheren) Bereich…..
Indoor-Trainer: Technische Daten und Messwert
Wer sich die Datenblätter der gängigen Smart-Trainer anschaut, wird von Werten, Metriken und ähnlichen Angaben schier erschlagen. Was ist wichtig, worauf muss man achten? Die gute alte Vertreterantwort gilt auch hier: Das kommt drauf an! Nämlich auf den eigenen Anspruch beziehungsweise auf den jeweiligen Einsatzzweck des Gerätes.
Maximalwatt
Die angegebenen Maximalwattangaben erscheinen erst einmal unrealistisch hoch. Mit wenigen Ausnahmen wird niemand wirklich mit 2.500 Watt in einen Trainer reintreten können. Warum also solche Phantasieangaben?
Weil zum einen diese Trainer ja auch für die 1 Prozent der Sportler mit den ganz dicken Beinen gebaut werden – und weil man damit auch ausdrückt, wieviel Widerstand so ein Trainer überhaupt simulieren kann. Und das kann unter Umständen bei entsprechenden All-out-Intervallen oder Steigungssimulationen dann eben doch wichtig sein. Und ansonsten ist es wie beim alten Quartettspiel – Über sticht Unter.
Die Genauigkeit wird meist in Prozent um den wirklichen Wert angegeben. Also sagt eine Angabe von +/-2 Prozent zaus, dass die Messabweichung des Trainers eben um diesen Prozentsatz um die tatsächlich gemessene Wattzahl (aka das was an eingebrachter Beinkraft über den Antriebsstrang am Trainer ankommt) herum pendelt.
Okay verstanden – aber was hat der Sportler davon? Zum einen eben Genauigkeit beziehungsweise die Gewissheit, dass er sich beim strukturierten Trainingsworkout auch wirklich in seinen Trainingszonen bewegt, nicht überzockt oder gnadenlos unterfordert.
Zum anderen fordern Veranstalter verschiedener Indoor-Rennserien zumindest in den oberen Ligen inzwischen Trainergenauigkeiten von +/-1 Prozent – und schränken damit die Auswahl an zugelassenen Trainern recht massiv ein. Wer da mitmischen will, muss bei der Auswahl seiner Tools eben auch darauf achten.
Wer „nur“ gemütlich radeln und eventuell neue Gegenden virtuell erkunden will (in entsprechenden Apps), dem kann es vielleicht egal sein. Es kommt halt drauf an.
Reaktionsgenauigkeit
Die Reaktionsgeschwindigkeit beschreibt die Dauer, die ein Trainer benötigt, um die durch die App oder den Workout vorgegebene Aktionen/Wattwerte auch wirklich abzubilden. Sie spielt unter Umständen eine sehr gewichtige Rolle.
Auch hier gilt: Wer eher im Explorermodus die virtuellen Welten erkundet, dem ist vielleicht egal, ob er genau am Fuße eines Berges mehr Widerstand spürt oder ob der Trainer verzögert reagiert. Wer allerdings im Rennen jedes Mal bis zu 5 Sekunden warten muss, bis seine Power über den Trainer dann im Game beziehungsweise Race ankommt, der wird unter Umständen irgendwann vor Verzweiflung in den Lenker beißen.
Nämlich dann, wenn zum gefühlt hundertsten Mal seine Konkurrenten aus der Kurve raus beschleunigen und er bei jedem Antritt hinterher hecheln und die Lücke schließen muss. Dasselbe gilt für intensive Trainingsworkouts mit ständig wechselnden Intervallen.
Wenn auf dem Plan eben 40/20iger-Intervalle stehen, will der Athlet eben nicht jedes Mal sekundenlang warten, bis der entsprechende Widerstand erzeugt oder die Pause eingeleitet wird. Zumal die Verzögerung in den meisten Fällen nicht linear verläuft, sondern von Sprung zu Sprung auch noch variiert.
Neben der reinen Trainerperformance hängt die Reaktionsgeschwindigkeit allerdings auch von externen Faktoren wie Internetgeschwindigkeit und vermeintlich sekundären Gegebenheiten wie Verbindungsgeschwindigkeit des eigenen Trainersystems ab.
Wenn man sich dann vor Augen führt, dass eine gute Wifi-Verbindung im Vergleich zu ANT+ oder Bluetooth-Connections eine bis zu 65 Prozent schnellere Datenübermittlung zur Software-App möglich macht, versteht leichter, dass man sich beim Kauf eines Trainers doch vielleicht ein paar Gedanken mehr machen sollte.
Thermal-Drift
Ein weiterer, vor allem bei einigen Einsteigermodellen anzutreffender Effekt nennt sich Thermal-Drift oder auch Temperaturbeständigkeit. Damit ist eine Veränderung der Messgenauigkeit gemeint, die durch die Erwärmung des Trainers im Betrieb oder durch Sonneneinstrahlung entsteht. Etwa wenn das Gerät im Wintergarten oder vor einem Fenster steht und sich die Umgebungstemperatur durch Sonneneinstrahlung tageszeit- oder wolkenbedingt ändert.
Manch einer wundert sich vielleicht, warum seine Wattwerte im Laufe eines Workouts etwas eigenartige Regionen erreichen, die sich weder durch die trainingsbedingte Ermüdung noch durch einen plötzlichen Energiezuwachs durch die Einnahme hochdosierter Koffeingels erklären lassen.
Genau da sind wir meist an dem Punkt, an dem ein Trainer im kalten Zustand noch (im Rahmen seiner Möglichkeiten) genauer misst, sich aber die Messwerte durch den während des Workouts immer stärker aufheizenden Trainer immer weiter von der Realität entfernen.