Detraining: Verlust der Trainingseffekte in der Saisonpause
Saisonpause – endlich! Viele Profis freuen sich gerade jetzt im Herbst und Winter auf die Pause. Zurecht. Denn hinter den meisten liegt eine anstrengende Saison. Auch viele Hobbyradsportler machen es den Profis nach – und stellen das Rad in die Ecke oder den Keller. Schade eigentlich, denn Jedermänner beziehungsweise -frauen laufen Gefahr, die mühsam über die Saison aufgebaute Form in wenigen Woche zu verlieren.
Zur Erklärung: Regelmäßiges Training bewirkt verschiedene Anpassungen des Organismus – der Körper wird leistungsfähiger. Eine Reduktion oder ein Abbruch des Trainings führt, gemäß dem Trainingsprinzip der „Reversibilität“, wieder zum ganzen oder teilweisen Verlust der über Monate und Jahre erreichten Trainingseffekte.
Was für Folgen hat eine Trainingsunterbrechung? Wie viel büßt der Athlet an Leistungsfähigkeit ein, wenn er pausiert? Damit beschäftigen sich Sport- und Trainingswissenschaftler schon seit Jahren. Wie ernst auch Profis und ihren Coaches dieses Thema – im Fachjargon Detraining – nehmen sieht man daran, wie wichtig es ist, dass Radsportler beispielsweise nach Schlüsselbeinbrüchen schnell genug wieder zurück in den Sattel. Bereits wenige Tage nach der Operation sitzen sie oft schon wieder auf dem Smart Trainer und nehmen das Training wieder auf. Kein Wunder: Bedeutet doch in vielen Fällen Stillstand schon Rückschritt.
Detraining: Verlust der Trainingseffekte
↓ | individuelle anaerobe Schwelle | 4 bis 17 % | 21 Tage |
↓ | Blut- & Plasmavolumen | 5 bis 12 % | 2 Tage |
↑ | Blutdruck | 8 bis 12 & | 21 Tage |
↓ | Glykogenspeicherin der Muskulatur | 20 bis 39 % | 7 Tage |
↓ | Insulinproduktion (wichtig für Glukoseaufnahme) | 14 bis 46 % | 2,5 Tage |
↓ | neuronale Ansteuerung der Muskulatur /Motorik | 6 bis 13% | 14 Tage |
↑ | Ruheherzfrequenz | 0 bis 7 % | 14 Tage |
↑ | submaximale Herzfrequenz | 5 bis 10% | 10 bis14 Tage |
↑ | maximale Herzfrequenz | 5 bis 10 % | 10 bis 14 Tage |
Die Tabelle fasst die Veränderungen von Trainingsanpassungen nach einer zwei- bis vierwöchigen Trainingsunterbrechung zusammen. Andere Detrainingseffekte sind ein Rückgang der Dehnfähigkeit der Muskulatur, ein Rückgang der Leistung an der anaeroben Schwelle, ein deutlicher Rückgang der muskulären Kohlenhydratspeicher und eine Abnahme der Enzyme, die für den aeroben Stoffwechsel zuständig sind. Interessanterweise sind die Verluste umso größer, je höher das Ausgangsniveau war.
Bereits nach zwei Tagen Pause lassen sich physiologische Veränderungen erkennen: Das But- und Plasmavolumen nimmt ab. Durch den Rückgang des Blutvolumens wird auch weniger Blut pro Herzschlag in den Kreislauf gepumpt und gelangt weniger Sauerstoff an die arbeitende Muskulatur. Mit ein Grund dafür, warum die Herzfrequenz nach einer Trainingspause höher ist als vor der Pause. Als Konsequenz des verringerten Blutvolumens steigt zum einen die maximale und submaximale Herzfrequenzwerte nach der Pause an und zum anderen der Ruhepuls höher ist als gewohnt.
Detraining: Sportlicher Stillstand ist physiologischer Rückschritt
Sportwissenschaftler und Coach Björn Geesmann (www.hycys.de) hebt noch einmal den Einfluss von Detraining auf den Energiestoffwechsel hervor. „Die Glykogeneinlagerung in der Muskulatur sowie die Insulinsensitivität verschlechtert sich. Durch mangelnde Insulinsensitivität verschlechtert sich die Kohlenhydrat-Verstoffwechslung bzw – Aufnahme, und es sind weniger Speicher vorhanden Das bedeutet es gibt einfach nicht genug Treibstoff und das bereits nach zwei Wochen.“
Auch eines der Bruttokriterien der Ausdauerleistungsfähigkeit, die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max), verschlechtert sich: Um bis zu sechs Prozent in der Zeit von zwei bis vier Wochen des Pausierens, zeigen Studien. Sie zeigen wie viel Sauerstoff eine Person bei einer maximalen Belastung über die Lunge aufnehmen, über das Blut transportieren und zur Energiegebereitstellung im Muskel nutzen kann. „Wenn man bedenkt, wie hart ein Sportler daran arbeitet, seine VO2max zu verbessern, sind die Verschlechterungen eklatant“, so Geesmann.
Sichtbar wird das gesamte Zusammenspiel dann zumeist an der Leistungsfähigkeit an der individuellen anaeroben Schwelle. So kann diese sogar um mehr bis zu 17 Prozent innerhalb von drei Wochen sinken.
Auch wenn für die Studien überwiegend gut trainierten Athleten echten Hochleistungssportler als Probanden zur Verfügung standen, so zeigt sich doch auch, dass Trainingspausen nicht zu lang dauern dürfen. Die Profis haben dies in den vergangenen Jahren bereits beherzigt und so reduziert sich das reine Nichtstun nach der Saison bei vielen von ihnen gerade mal auf zwei bis vier Wochen, danach sitzen sie schon wieder im Sattel.
Denn der Weg von „Superfit to superfat“ wie Sportwissenschaftler, Coach und Detrainings-Experte Inigo Mujika ihn beschreibt, dauert nur wenige Wochen. Während der „Return“ sprich die Leistungssteigerung viel mehr Zeit in Anspruch nimmt.
Foto: Kathrin Schafbauer