Renn-Bericht zum Gravel Fondo Limburg

12.05.2023

Der Gravel Fondo Limburg am 30. April 2023  zählt zur Trek UCI Gravel World Series – und war für Hobbyradsportler und Profis das dritte Qualifikationsrennen für die Gravel-Weltmeisterschaften 2023.

Hobbyradsportler Wolfgang Zilgens war auch am Start und berichtet von seiner Premiere als „Gravelrennfahrer“. Zilgens war 2012 Mitglied im Jedermann-Team von Alpecin und trainierte eine Saison lang wie ein Profi auf den Ötztaler Radmarathon, den er auch finishte. Seitdem ist er viele Male beim Ötzi am Start gewesen, hat aber auch die Leidenschaft fürs Graveln entdeckt. So war für ihn klar, dass er auch am Gravel Fondo Limburg teilnimmt; zumal er nur einen Katzensprung davon entfernt wohnt – in Aachen. Und er kennt die Gegend in Limburg von zahlreichen Trainingseinheiten, aber auch von einigen Teilnahme an der Jedermann-Version des Amstel Gold Race kennt. Hier sein Rennbericht:

Qualifikation für die Gravel-Weltmeisterschaften

„Sich für eine Altersklassen-Weltmeisterschaften auf dem Gravelbike zu qualifizieren? Eine aberwitzige Idee? Einerseits ja, andererseits: Warum nicht erst einmal dabei sein, wenn ein paar Veranstaltungen dazu in der näheren Umgebung stattfinden?

Erste Station war für mich der Gravel Fondo Limburg – das dritte Event der Trek UCI Gravel World Series. Die niederländische Region Süd-Limburg, bekannt durch das Amstel Gold Race, an dem ich schon teilgenommen habe, einmal auf Schotter im Renntempo zu befahren, klang doch sehr reizvoll.

Cauberg und Keutenberg sind ja als Asphalt-Hellingen durchaus jedermann bekannt, aber die Gravel-Uphills nicht, die sich auf dem 34 Kilometer langen Rundkurs zu 380 Höhenmeter summieren und in den Weg stellen. Diesen Loop galt es drei Mal zu absolvieren plus die An- und Abfahrt zu Start und Ziel. Am Ende sollten es 114 Kilometern und 1200 Höhemeter sein.

Die Vorbereitung durch den Veranstalter war vorbildlich: Rider-Briefing eine Woche vor Rennen per Live-Webinar, alle Informationen bis zum GPX-Track per E-Mail vorab, Registrierung und Startnummernausgabe im Shimano Experience Center in Valkenburg ohne Wartezeiten.

So war auch von vorn hinein klar, dass alle 1000 Teilnehmer motiviert bis in die Haarspitzen am Start stehen würden. Scheinbar vorwiegend in allen Altersklassen durchsetzt von ehemaligen belgischen und niederländischen Radsport- und Cross-Spezialisten. Aufgrund der Feldstärke war es mir schon klar, dass eine WM-Qualifizierung hier eher in weite Ferne rücken wird, dabei sein ist dann eben doch Alles!

So standen dann am Sonntagmorgen 950 Teilnehmer für die 113 Kilomtern km und ca. 100 Teilnehmer für den 2 Runden und 78km langen Kurs am Shimano Experience Center, sortiert Altersklassen bei bestem sonnigem Wetter am Start – alle „heiß wie Frittenfett“.

Perfekte Gravelstrecke in Limburg

Nach dem Startschuss sollte die fünf Kilometer lange Einführungsstrecke das ganze Peloton zum Aufwärmen direkt über den Cauberg gelenkt werden und sofort oberhalb von Valkenburg Richtung Scharfrichter Keutenberg zusteuern. Zuvor sollten einige Downhil-Trails durch den Wald mitgenommen werden, für die auch zum Teil über 18 Prozenz Steigung ausgewiesen wurden.

Im weiteren Verlauf der Strecke zurück Richtung Maastricht war das Profil so angelegt, wie man es von Gravel-Postkartenbildern kennt: flowige Geradeausstrecken mit High-Speed-Passagen auf Schotter, gesperrten Straßenquerungen und viel Platz, um geniale Panoramablicke von den Offroad Passagen auf die Maaslandschaft zu erhaschen.

Die hintere, Alterklassen-bedingte Positionierung im Starterfeld lag mir nicht besonders, da natürlich am Cauberg schon ein Ausscheidungsrennen stattfand und bevor ich überhaupt den Einstieg in die Runde schaffte, befand ich m ich schon am Ende des Feldes – aussortiert im Wind.

Hinzu kam dann, dass sich am ersten Trail-Uphill im Schinderweg sich durch eine Engstelle ein Stau bildete, der das komplette Feld dahinter zum Abstieg und Fußmarsch zwang. Das vordere Feld war hier natürlich schon in weiter Ferne entschwunden.

Es war auch klar ersichtlich, welcher die in der näheren Umgebung wohnenden Teilnehmer vorab einen Streckenbesichtigung absolviert hatten und wer nicht. Verunsichertes Fahren in den längeren Trail Downhill Passagen führte teilweise zu haarigen und gefährlichen Manövern, die weitere Zeit kosteten.

Konnte man vor den Singletrails nicht rechtzeitig überholen, war man gezwungen in der Reihe zu bleiben. Und so kam es zu vereinzelten Unfällen, Stürzen oder dem Abdriften mit unangepasster Geschwindigkeit in den Acker. Die Passagen der Trail-Downhills waren übersäht mit Trinkflaschen, die aus den Flaschenhalter gerüttelt worden waren.

Nach der welligen Passage fanden sich aber immer kleine Gruppen zusammen, die dann den flowigen Streckenabschnitt mit gutem Tempo weiterfahren konnten. Beeindruckend war, dass in der Region wirklich auch die Bevölkerung von dem Event begeistert, war: So wurden wir vom Streckenrand aus angefeuert und die nicht abgesperrten Wege im diesem sonst gut besuchten Wandergebiet wurden auch gemieden, so dass das Event konfliktfrei bis zum Ende ausgetragen wurde.

Wie auch beim Amstel Gold Race ist der Keutenberg natürlich ein Zuschauermagnet: Im Seitenhang des Anstieges, der wie eine Freilichttribüne die Zuschauer zum Platznehmen und Anfeuern einlädt, war es für jeden Teilnehmer sozusagen Pflicht, seine drei Überquerungen in einer perfekten Performance abzuliefern. Der falsche Moment also, um Schwäche zu zeigen, …

Auf der Finalrunde wurde es dann echt zäh: Zum einen waren die Fahrer der kurzen Strecke schon Richtung Ziel abgedreht, die Leistungsdichte war für eine Gruppenbildung zu unterschiedlich und der Wind hatte an Stärke deutlich zugelegt. So wurde diese dritte Runde auch meine langsamste, obwohl mich keiner mehr überholte. Ich fand mich dann in der Altersklasse nach der Zieldurchfahrt auch eher hinten wieder. Zusätzlich geschuldet einem „Verfahren“ durch ein verrutschtes Schild genau vor der Mathieu-van-der-Poel-Allee Richtung Ziel, der mich noch ein paar Plätze gekostet hat.

Ein Highlight in meiner Jedermannrennfahrer-Karriere

Alles in Allem wird mir das Event in bester Erinnerung bleiben, ich habe das für mich perfekte Gravel Event der Saison schon absolviert: Ich bin rundum zufrieden und fand es fast schwerer als ’nen Ötzi. Nach drei Stunden fühlte ich mich wie sonst am Timmelsjoch: Und bei so viel Publikum ist Absteigen am brutalen Keutenberg keine Option – auch beim dritten Mal nicht. Zudem fühlt es sich einfach echt geil an, mit 45 Sachen auf dem Schotter leicht bergab dahin zu düsen.

Hinzu kommt noch:

  • erster Tag im Jahr mit Sonnenschein und kurz-kurz auf dem Rad
  • tolle Landschaft
  • super Strecke
  • und einmal keine langwierige Anreise mit entsprechender komplizierter Urlaubsplanung oder Familienterminplanung.

Ist die WM-Qualifizierung in einer Altersklasse wirklich wichtig? – Für mich ein klares „Nein“, denn ich glaube, ich habe ein anderes Verständnis von Gravel Rides als diesen aus meiner Sicht für den Jedermann überambitionierten Ansatz eines Rundstreckenrennens auf einem begrenzten Parcour.

Trotzdem heißt es nun: Rad pflegen, verschlissene oder defekte Teile ersetzen und beim 3Rides zuhause in Aachen noch einmal mitzumischen. Danach soll’s aber wieder im Sommer locker und lang angegangen werden.“

Fotos: Fellusch