Ernährungs-Guide: Tipps für Rennradfahrer

22.12.2022

Training ist nicht alles. Wer auf dem Rad leistungsfähiger werden möchte, sollte sich auch „sportlich“ ernähren. Also wissen, wann es was und in welcher Menge zu essen gilt – abhängig von der eigenen Zielsetzung.

Optimales Timing sowie die richtige Menge an Nährstoffen vor, während und nach Touren, Training und Rennen ebenso wie in der rennradfreien Zeit, entscheiden oft darüber, ob man sein gesetztes Ziel auch erreicht. Alpecin Cycling gibt Tipps, damit sich jeder seine eigene, ausgeklügelte Ernährungsstrategie zurechtlegen kann. Egal ob es darum geht Gewicht zu verlieren, das ideale Wettkampfgewicht zu erreichen, möglichst effizient zu trainieren oder im Rennen erfolgreicher zu sein.

Welchen Einfluss hat Ernährung auf die Leistungsfähigkeit?

Ernährungs-Tipp 1: Genau wissen, was drin ist

Wer sich mit seiner Ernährung beschäftigt, sollte zuerst einmal wissen, was er eigentlich isst und trinkt. Wichtig ist deshalb, gerade bei verarbeiteten Lebensmitteln: Inhaltsangaben studieren und lesen, woraus die Lebensmittel und Getränke überhaupt bestehen. Die Nährwertangaben und die Makronährstoffe sind fast immer aufgeführt; meistens ist auch der Zuckergehalt angegeben.

1,2 bis 1,7 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht – abhängig von der Körpergröße des Athleten – sollte man täglich aufnehmen, um den Muskelerhalt zu unterstützen. Für frisches Obst, Gemüse oder lose Ware wie Nüssen, hilft der Blick in eine Ernährungsdatenbank wie fddb.info

Ernährungs-Tipp 2: Bei Kohlenhydraten auf Menge und Qualität achten

Wer keine Gewichtsprobleme hat, darf als Hobbyradsportler täglich fünf bis sieben Gramm Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Idealerweise in Form von komplexen Kohlenhydraten, da diese den Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigen lassen. Aus gesundheitlichen Gründen sollte die Zuckerzufuhr außerhalb der Trainings- und Wettkampfphasen in der Nahrung zurückgefahren werden.

Ernährungs-Tipp 3: Protein regelmäßig aufnehmen

Eiweiß ist für den menschlichen Organismus lebensnotwendig, denn es stabilisiert das Immunsystem und unterstützt den Muskelaufbau und deren Regeneration. Anders als Kohlenhydrate und Fette kann der Organismus Protein aber nicht speichern, da es ständig verstoffwechselt wird. Daher sollte es bei jeder Mahlzeit aufgenommen werden. Als Grundregel gilt: 20 bis 25 Gramm Protein bzw. 0,3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Mahlzeit.

Ernährungs-Tipp 4: Fett macht fit

Auch wenn Fett mit neun Kilokalorien pro Gramm den höchsten Brennwert aller Makronährstoffe aufweist, darf man darauf nicht verzichten. Fette sind lebensnotwendig – schon als Trägersubstanz bestimmter Vitamine. Doch auch hier macht – wie bei allem in der Ernährung – die Dosis das Gift. Als Faustregel kann gelten: 0,6 bis 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich. Ganz entscheidend ist – bei pflanzlicher ebenso wie bei tierischer Herkunft der Fette –, dass es sich um hochwertige biologische Lebensmittel handelt.

Ernährungs-Tipp 5: Marschverpflegung

30 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde sollten Radsportler mindestens aufnehmen, wenn sie Touren fahren, die länger als eine, aber nicht länger als vier Stunden dauern. So wird das Leistungsvermögen aufrechterhalten und, bei moderater Belastung, das Risiko eines Hungerastes verringert. Die doppelte Menge – 60 Gramm pro Stunde – sind angemessen, wenn lange oder intensiv gefahren wird, etwa bei Mehrtagestouren oder bei Intervall-Einheiten.

Ernährungs-Tipps fürs Abnehmen

Wer nachhaltig Gewicht verlieren möchte, sollte Ernährung und Rennradfahren clever kombinieren.

Ernährungs-Tipp 6:  Blutzuckerspiegel konstant halten

Außer beim Sport ist ein hoher Blutzuckerspiegel „Gift“, da er die Fettverbrennung torpediert. Es ist deshalb sinnvoll, im Alltag den Blutzuckerspiegel konstant im Mittel zu halten. Erreichen lässt sich das durch eine gezielte Auswahl der Speisen und Getränke.

Diese sollten nicht zu viele schnell verfügbare und einfache Kohlenhydrate wie Zucker oder Stärke enthalten. Dazu ballaststoff- und proteinreiche Speisen essen, wie Gemüse mit Hühnchen. Dies verlangsamt die Verdauung und bringt den Effekt, dass die Kohlenhydrate langsamer ins Blut gelangen.

Ernährungs-Tipp 7: Negative Energiebilanz erzielen

Wer es schafft, auf 7000 bis 7500 Kilokalorien zu verzichten, wird mit einem Verlust von einem Kilo Körpergewicht belohnt. Das lässt sich einerseits über eine Reduzierung der Gesamtkalorienzufuhr erreichen, andererseits aber auch durch einen erhöhten Energieumsatz, also etwa durch sportliche Aktivitäten. Ideal ist eine Kombination aus beidem. Weniger als 1200 Kalorien pro Tag sollte ein Mensch allerdings nicht zu sich nehmen, da es sonst zu einer Unterversorgung mit Mikronährstoffen kommen kann.

Ernährungs-Tipp 8: Individuelle Strategie erarbeiten

Jeder sollte für sich ausprobieren, was ihm hilft, dauerhaft Gewicht zu verlieren. Besser als Diäten zu machen, ist es in jedem Fall die Ernährung grundsätzlich umzustellen. Die Anfangserfolge vieler Diäten resultieren aus der Euphorie und dem Wasserverlust. Kehrt der Alltag wieder ein, kann es durchaus passieren, dass der Organismus sich auf die „Mangelernährung“ eingestellt hat – und keine weiteren Pfunde mehr purzeln.

Ernährungs-Tipp 9: Mahlzeiten planen

So mancher „snackt“ einfach im Vorbeigehen: hier ein Schokoriegel oder ein Brötchen, dort eine Banane. Kein Wunder, dass man schnell den Überblick verliert, was und vor allem wie viel man gegessen hat. Wer dagegen auf klassische Mahlzeiten baut, hat mehr Kontrolle; vor allem, wer sich vorab Gedanken macht, was auf den Teller kommt. Ideal: einen Tag im Voraus planen.

Ernährungs-Tipp 10: Nicht rigoros fasten

Nichts essen ist auch keine Lösung, denn der Organismus bestraft den Fastenden später mit dem Jo-Jo-Effekt. Der Grund: die „Intelligenz“ des menschlichen Stoffwechsels. Der fährt bei einer Verknappung der Energiezufuhr die Stoffwechselwege herunter, da er kein Gewicht verlieren will. Gibt es dann wieder mehr zu essen, wird der Körper mit Energie überflutet, sodass diese in den Fettspeichern eingelagert wird.

Ernährungs-Tipp 11: Notfallplan erarbeiten

Wenn einen der kleine Hunger dann doch überrascht – sei es am späten Nachmittag oder in einer stressigen Phase – ist es gut, sich schon vorher eine Alternative zurechtgelegt zu haben bzw. zu wissen, auf welche Lebensmittel man an Stelle von Süßigkeiten zurückgreifen kann. Wenn schon Schokolade, dann die hochprozentig dunkle, die enthält zwar genauso viele Kalorien, aber weniger Zucker.

Ernährungs-Tipp 12: „Energiereiche Einheiten“ fahren

Wer radelnd abnehmen möchte, sollte Einheiten absolvieren, die viel Energie umsetzen, d. h. der Athlet verbrennt viele Kalorien. Das sind allerdings nicht die Fatburner-Einheiten mit Grundlagenbereich 1, sondern Einheiten, die dauerhaft knapp unter der anaeroben Schwelle gefahren werden können – oder GA2-Einheiten mit Intervallen im Entwicklungsbereich. Diese erschöpfen den Organismus nicht komplett, erreichen aber einen hohen Energieumsatz pro Zeiteinheit.

Ernährungs-Tipp 13: Eiweißreicher essen

Eiweiß hilft beim Abnehmen mehrfach. Zum einen verhindert es, dass Muskulatur abgebaut wird; zum anderen sorgen proteinreiche Speisen für eine langanhaltende Sättigung und ein vermindertes Hungergefühl. Als Bonus gibt es noch die nahrungsinduzierte Thermogenese des Eiweißes. Bei der Verdauung investiert der Körper Energie, um die Nährstoffe für den Organismus verfügbar zu machen. Fürs Verdauen von Eiweiß benötigt der Organismus 20 bis 30 Prozent der durchs Essen aufgenommenen Energie. Bei Kohlenhydraten sind es gerade mal sechs bis acht Prozent.

Ernährungs-Tipp 14: Volumenreich essen

Der Magen signalisiert dem Gehirn, wenn er satt ist. Mit welchen Speisen das erreicht wurde, ist erst einmal zweitrangig. Das bedeutet, dass Nahrungsmittel mit einem hohen Volumen schneller satt machen; dazu zählen beispielsweise Gemüse und Obst, weil sie einen hohen Anteil an Ballaststoffen und Flüssigkeit haben – bei gleichzeitig niedrigem Energiegehalt.

Ernährungs-Tipp 15: Heißhunger zuvorkommen

Gerade nach längeren Einheiten leiden viele Hobbysportler unter Heißhungerattacken und plündern – verständlicherweise – den Kühlschrank. Logisch, signalisiert der Organismus aufgrund der vielen verbrannten Kalorien doch Hunger. Was hier helfen kann, ist, in der letzten Stunde des Trainings bereits einfach einen Riegel zu essen. Das soll dem Organismus signalisieren, dass kein Notstand herrscht.

Ernährungs-Tipps fürs Wettkampfgewicht

Leichter = schneller am Berg. Die Gleichung geht nur auf, wenn der Sportler auf die Körperzusammensetzung achtet, also das Verhältnis von Fett zu Muskelmasse achtet.

Ernährungs-Tipp 16: Körperfettanteil reduzieren

„Gewicht machen“, um ein besseres Watt-pro-Kilogramm-Verhältnis zu erzeugen, ist gerade für Hobbysportler nicht immer der cleverste Weg. Denn oft sinkt dann nicht nur das Gewicht, sondern auch der Power-Output. Entscheidender ist in erster Linie die Körperzusammensetzung. Dies eint austrainierte Athleten, ob es jetzt muskulöse Sprinter oder schmächtige Bergfahrer sind.

6 bis 13 Prozent Körperfettanteil sind bei männlichen Leistungssportlern optimal, bei Frauen sollte der Wert bei 14 bis 20 Prozent liegen. Hobbysportler sollten sich hier in der Mitte sowie am Ende der Spanne ansiedeln, da ein sehr niedriger Anteil bei gleichzeitig hoher Belastung gesundheitliche Risiken bergen kann. Bei den meisten Hobbysportlern wird bei einer Reduzierung des Körperfettanteils automatisch auch das Gewicht sinken.

Ernährungs-Tipp 17: Nicht zu schnell zu viel Gewicht verlieren

Gerade Sportler, die gut trainiert sind, sollten sensibel an das Thema Wettkampfgewicht herangehen und nicht versuchen, zwei Kilo pro Monat abzunehmen. 0,75 bis ein Kilo pro Monat sind realistisch – über mehrere Monate hinweg.

Beginnen sollte der Sportler früh in der Saison. Denn in den Phasen des Feinschliffs wird aufgrund der hohen Trainingsbelastungen, verbunden mit einer adäquaten Nährstoffversorgung, kaum mehr Gewicht verloren.

Ernährungs-Tipp 18: Strategie der kleinen Schritte

Natürlich lässt sich vieles aus dem Kapitel „Abnehmen“ übernehmen, aber so drastisch muss die Ernährungsumstellung gar nicht sein. Meist genügen schon kleine und intelligente Veränderungen, wie beispielsweise in Regenerationswochen oder an Ruhetagen die Kohlenhydrate zu minimieren und dafür proteinreicher zu essen. Auch Café-Stopps mit Kuchen sowie Alkohol und Süßigkeiten sollten vermieden werden.

Ernährungs-Tipps fürs Training

Den richtigen Treibstoff tanken! Gerade um die Trainingsziele zu erreichen, ist ganz entscheidend, wann was gegessen wird.

Ernährungs-Tipp 19: Essen vor intensivem Training

Die letzte größere Mahlzeit sollte der Sportler drei bis vier Stunden vorher in Kombination mit genug Flüssigkeit zu sich nehmen. Innerhalb der letzten Stunde vor dem Training erhöht ein leicht verdaulicher Kohlenhydratriegel oder ein helles Brötchen mit Marmelade den Glykogenspiegel und stellt schnell verfügbare Energie für die Muskeln bereit.

Ernährungs-Tipp 20: Ernährung periodisieren

Aktuell eine beliebte Trainingsmethode ist das Triggern des Fettstoffwechsels mittels einer Train-low- Strategie. Hier werden dem Organismus vor und während moderater Grundlageneinheiten wenig bis keine Kohlenhydrate zur Verfügung gestellt, damit er mangels Masse schnell auf Fette zur Energiegewinnung zurückgreift.

Wichtig ist, dies nur in bestimmten Trainingsphasen einzusetzen, da sonst die Glykogenspeicher „verarmen“ und der Athlet nicht mehr den gewohnt hohen Power-Output entwickelt.

Ernährungs-Tipp 21: Train the gut

Den Gastrointestinaltrakt – auf Englisch „gut“ – trainieren. Was zunächst etwas skurril klingen mag, kann manchen helfen, Magen-Darm-Probleme im Wettkampf zu vermeiden, reagieren diese Organe bei hohen Intensitäten doch sehr sensibel.

Ein Grund dafür liegt in der reduzierten Durchblutung des Darms, da die Muskeln bei intensiven Einheiten bevorzugt mit Blut versorgt werden. Doch kein Grund zur Sorge, auch der Magen-Darm-Trakt lässt sich trainieren. Idealerweise bei langen und/oder intensiven Einheiten.

Hier kann der Sportler „gastrointestinale“ Reize setzen und den Darm stressen, zum Beispiel mit der Einnahme von bis zu 90 Gramm Kohlenhydraten in der Stunde.

Ernährungs-Tipp 22: Schneller regenerieren

Runter vom Rad und möglichst schnell ran an den Esstisch! Klar, dass auch das Regenerationsmenü gewisse Anforderungen erfüllen muss. Es gilt, die durchs Schwitzen verlorene Flüssigkeit zu ersetzen, die Kohlenhydratspeicher wieder aufzufüllen und die Muskeln mit Eiweiß zu versorgen, damit diese den gesetzten Trainingsreiz besser tolerieren.

Ernährungs-Tipps fürs Rennen

Leistungseinbrüche während längerer Wettkämpfe resultieren bei Hobbysportlern oft aus einer mangelhaften Energieversorgung.

Ernährungs-Tipp 23: Speicher komplett auffüllen

Sich mal so richtig satt essen, das dürfen Rennradfahrer in der Carboloading-Phase vor einem Wettkampf. Denn dann sollen die Kohlenhydratspeicher komplett voll sein. Allerdings bringt es wenig, sich erst auf der Pasta-Party am Vorabend des Rennens vollzustopfen.

Wer die „Kohlenhydratmast“ richtig betreiben will, sollte spätestens zwei Tage vor dem Rennen damit beginnen und täglich 7 bis 12 Gramm Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht aufnehmen. Dann ist es auch sinnvoll, leicht verdauliche Kohlenhydrate wie Pasta, Reis, gekochte Kartoffeln, Trockenobst sowie Brote mit Marmelade und Honig zu sich zu nehmen.

Ernährungs-Tipp 24: Leistungssteigernde Lebensmittel

Gibt es „Bio-Doping“ beziehungsweise natürliche Substanzen, die legal die Leistung steigern? Ja, tatsächlich! Koffein. Im Getränk, im Riegel oder Gel etwa stimuliert das zentrale Nervensystem und verzögert auch beim Sport die Ermüdung – sprich der Athlet ist länger leistungsfähig.

Nitrat aus Roter Bete oder speziellen Shots erhöht die Durchblutung, was wiederum die Versorgung der Muskeln mit Sauerstoff und Nährstoffen verbessert.

Bicarbonat-Pulver und Beta-Alanin sorgen dafür, dass nach wiederholten kurzen, intensiven Belastungen die Leistung des Sportlers nicht so schnell einbricht. Da jeder auf diese Substanzen anders reagiert, sollte die Einnahme vor und während der Vorbereitungswettkämpfe getestet werden.

Ernährungs-Tipp 25: Ernährungsplan aufstellen

Genauso wie der Sportler sich eine Renntaktik zurechtlegt, sollte er auch überlegen, was er im Wettkampf wann an Essen und Trinken zu sich nimmt. Denn sonst kann es im Eifer des Gefechts passieren, dass er zu wenig – oder auch zu viel – zu sich nimmt.

Oder aber der Mix aus Festem und Flüssigem – sprich der Nahrungsbrei – liegt einfach zu schwer im Magen. Deshalb besser im Voraus überlegen, wie sich die 60 bis 90 Gramm Kohlenhydrate zusammen mit 0,5 bis 1 Liter Flüssigkeit pro Stunde idealerweise aufnehmen lassen.

Ein Ernährungs-Tipp zum Schluss: Riegel, Gels und Trinkflasche immer auf einen Wert an Kohlenhydraten portionieren – beispielsweise 30 oder 50 Gramm 30 Kohlenhydrate. Denn so behält man den Überblick – sowohl beim Zusammenstellen der Verpflegung als auch beim Essen unter der Belastung.

Fotos: Stefan Rachow, Kathrin Schafbauer, Felix Homann