Carboloading-Tipps: Kohlenhydratspeicher auffüllen
Viele Rennradfahrer denken beim Begriff Carboloading, als Erstes an die Pasta-Party am Vorabend des Rennens. Schließlich sind Kohlenhydrate enorm wichtig vor einem Rad-Marathon oder langen Jedermann-Rennen. Stimmt Carbs sind wichtig, denn sie sind die Treibstoffquelle Nummer eins für die Leistungsfähigkeit. Sie sollten allerdings nicht erst am Vorabend das Wettkampfs aufgenommen werden.
„Ein beliebter Fehler, den viele Hobbysportler machen, ist, sich erst kurz vor dem Rennen mit der Ernährung zu befassen“, sagt Sportwissenschaftler Björn Geesmann vom Institut HYCYS. Denn wer mit vollen Treibstofftanks ins Rennen starten will, muss schon ein paar Tage vor dem Highlight mit dem Beladen anfangen.
Kohlenhydrate bunkern – Mastkur für den Marathon
Andernfalls werden die Tanks nicht richtig voll und gerade bei längeren Belastungen, wird jedes Gramm Glucose, darin verwandeln sich die Kohlenhydrate im Organismus, gebraucht. Denn die Aufnahme während des Rennens ist stark limitiert – zwischen 60 und 90 Gramm Kohlenhydrate können pro Stunde nur verarbeitet werden.
Ein Nachtanken ist sozusagen nur begrenzt möglich. Und bei besonders intensiven Belastungen benötigt der Sportler auch schon mal 200 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde und mehr. „Er muss sozusagen auf die Speicher zurückgreifen, um überhaupt ins Ziel zu kommen“, erklärt Björn Geesmann.
Carboloading-Tipp: Täglich 7 Gramm Kohlenhydrate pro 1 Kilogramm Körpergewicht
Doch wie gelingt jetzt ein solches Beladen mit Kohlenhydraten? Während man früher noch davon ausgegangen war, die Speicher erst fast komplett entleeren zu müssen, um sie danach übervoll zu laden, reicht es in den Tagen vor dem Wettkampf aus, einfach kohlenhydratreicher als sonst zu essen.
Täglich 7 Gamm Kohlenhydrate pro 1 Kilogramm Körpergewicht aufnehmen – bei einer gleichzeitig deutlichen Reduzierung des Trainingsumfangs. Profis können deutlich mehr aufnehmen: bis zu 12 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Beginnen sollte der Athlet damit drei bis vier Tage vor dem Wettkampf. „Allerdings sollte man sich an den Tagen zuvor auch schon kohlenhydratbetont ernähren und nicht eine Woche vor dem Rennen noch eine 4-stündige low-carb-Einheit absolvieren“,, sagt Geesmann.
Carboloading-Tipp: Wenig Fett und keine Ballaststoffe
In der Carboloading-Phase selbst kommen kohlenhydratreiche, leicht verdauliche, fett-und ballaststoffarme Lebensmittel auf den Teller und ins Glas. Auf den Speiseplan gehören beispielsweise Pasta, Reis, Kartoffelbrei, Trockenobst, Sportgetränke, fettarmer Kuchen, Honig- und Marmeladenbrote etc.
Ballaststoffe in Lebensmitteln sorgen für Sättigung und Volumen – das aber erschwert die hier gewünschte ausreichend hohe Kohlenhydrataufnahme. Auch Fette sollten in der Ladephase sparsam zugeführt werden, um den Gesamtkaloriengehalt nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Auf den Getränkeplan gehören dann anstatt des Wassers auch kohlenhydrathaltige Getränke wie Säfte und Smoothies.
Was auf den ersten Blick nicht nach übermäßig viel aussieht, erweist sich in der Praxis dann doch zumeist als schwerer umsetzbar als gedacht. Denn viele Athleten müssen zu ihrem Saisonhighlight anreisen – sind oftmals einen Tag unterwegs – und können sich auch nicht am heimischen Vorratsschrank bedienen.
Daher gilt es hier im Voraus gut zu planen und sich tatsächlich für die letzten Tage vor dem Rennen einen detaillierten Speise- und Getränkeplan zu überlegen, aufzuschreiben – mit Lieblingsgerichten; und diesen dann auch umzusetzen.
Carboloading-Tipp: Für die Anreise Lunchbox vorbereiten
„Ideal ist es, sich eine Lunchbox für unterwegs zu packen – beispielsweise mit Obst, Broten, Kuchen, Reisküchlein – sowie im Voraus Restaurants am Veranstaltungsort zu recherchieren, die die Lieblingsspeisen anbieten“, sagt Geesmann. Denn eine der größten Gefahren besteht darin, kurz vor dem Wettkampf etwas zu essen, das man nicht kennt oder aus übertriebenem Ehrgeiz etwas Neues auszuprobieren und hinterher mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen zu haben.
Viele Athleten werden vor wichtigen Wettkämpfen nervöser, was oftmals dazu führt, dass sie wenig Appetit haben beziehungsweise ihren Magen-Darm-Trakt sensibler reagiert als sonst. Das sollte im Speiseplan berücksichtigt werden. So sollte eher Frühstück und Mittagessen am Vortag des Rennens üppiger ausfallen und am Abend früh und eher weniger gegessen werden; dabei aber trotzdem die Gesamtkohlenhydratbilanz im Auge behalten. Snacking kann hier helfen: immer wieder kleine Portionen High Carb-Finger-Food essen.
Auch wenn die große Fütterungszeit am Vorabend des Rennens endet, so müssen doch auch die über Nacht angeknabberten Glykogenvorräte in der Muskulatur und Leber am Morgen aufgeladen werden und dafür gesorgt werden, dass „Zucker“ ins Blut kommt.
Tipp: Frühstück vor dem Rennen mit 100 bis 150 Gramm Kohlenhydrate
Am Renntag selbst wird immer wieder empfohlen die letzte große Mahlzeit 3 bis 4 Stunden vor dem Start zu sich zu nehmen. Während dies Profis, deren Rennen wie beispielsweise Tour-de-France-Etappen erst am Mittag beginnen, kaum vor Probleme stellt, bedeutet das für Hobbysportler oft, dass sie ihr Frühstück nachts um 3 Uhr einnehmen müssen.
„Das ist ein bisschen zu theoretisch“, sagt Björn Geesmann. „Ich würde hier die komplette Nahrungsaufnahme vom Aufstehen bis zum Losfahren strecken – und immer wieder kleine Portionen zu mir nehmen“, so Geesmann.
Anders ist es für Hobbysportler gar nicht möglich, die empfohlene Kohlenhydratmenge von 100 bis 150 Gramm als Frühstück aufzunehmen. Um jede Möglichkeit auszuschöpfen und nicht zu viel „leere“ Flüssigkeit zu sich zu nehmen, sollte hier dann auch der Pott Kaffee gegen einen Espresso und ein Glas Saft ersetzt werden.
Um perfekt vorbereitet zu sein, spielt man aber diese Carboloading-Phase der letzten 3 bis 4 Tage inklusive Frühstück am Renntag sowie Pre-Start-Snack einmal komplett bei einem Testwettkampf durch. Dann lässt sich nämlich erkennen, was wirklich schmeckt und was nicht. Denn was für den Erfolg extrem wichtig ist, ist ein guter Appetit!
Was beim Carboloading allerdings „erschwerend“ hinzukommt: der Athlet wiegt in den letzten Tagen vor dem Rennen mehr. 1 Gramm Glykogen bindet ca. 3 Gramm Wasser: Auch damit muss der Athlet erst einmal umgehen können.
Fotos: Felix Homann