Das Rennen
geschrieben von Tim Krabbé
erschienen bei Reclam
Autobiografisch erzählt der niederländische Journalist Tim Krabbé von seiner Teilnahme an der Mont Aigoual-Rundfahrt; einem Ein-Tages-Rennen für Amateure durch die Cevennen über 137 Kilometer, das über den höchsten Berg der Region, den Mont Aigoual, führt.
„Hölzern fahre ich durch die Kurven, ich habe nur Angst davor, dass mein Schwerpunkt in der Schlucht landen wird.“ Amateurfahrer Krabbé schildert plastisch das Rennen mit all seinen Facetten; von der psychologischen Kriegsführung schon vor Beginn des Rennens über missglückte Fahrmanöver und taktische Fehlentscheidungen bis hin zum Einbruch während des Wettkampfs.
Der Klassiker unter den Radsport-Romanen
Krabbe, der erst im Alter von 30 Jahren mit dem Radsport begann, nimmt durch seinen Erzählstil den Leser mit. Er beschreibt detailliert, was er sieht, fühlt, denkt auf den 137 sich dahinziehenden Kilometern. Mit der Macht seiner Worte gelingt es ihm, den Leser an seiner Seite mitfahren und -fühlen zu lassen. So intensiv, dass der Leser geneigt ist, bei den Bergpassagen die eigene Atmung zu kontrollieren, und beim Defekt auf der Stelle zu stehen.
Mit Passagen wie folgender fordert Krabbe seine Leser zum Nachdenken heraus „Wer dem, der ihn besiegt hat, zujubelt, leugnet dies und würdigt ihn somit herab. Ein guter Verlierer sein zu können ist eine verachtenswerte Ausrede, eine Beleidigung des Sportsgeistes. Wer ein guter Verlierer sein kann, sollte vom Sport ausgeschlossen werden.“
Auch wenn Krabbe, diesen Roman bereits 1978 geschrieben hat, und sich heute kein Amateurrennfahrer mehr die Zahnkränze selbst zusammensteckt oder eine Orange als Verpflegung in die Trikottasche packt, so ist das Buch keineswegs antiquiert oder verstaubt. Die Ambivalenzen des Athleten zwischen Stärke und Schwäche, Hochmut und Fall, Euphorie und Verzweiflung, ist damals wie heute gleich. Krabbè bringt es mit diesem Satz auf den Punkt: „Das ganze Leiden verwandelt sich hinter der Ziellinie in eine Erinnerung an Lust, und je größer das Leiden war, desto größer die Lust.“
Es dauerte übrigens knapp 30 Jahre, bis das Werk das erste Mal auf Deutsch übersetzt wurde. 2006 erschien der autobiografische Ritt von Krabbé im Reclam-Verlag, wo er auch heute noch verlegt wird – der Klassiker unter den Radsportromanen.